Gloria

Kleine Dinge ganz groß

Band „Gloria“ am 10. Oktober im Pavillon in Hannover

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Wir gelten noch als Geheimtipp, sind aber eigentlich eine international bekannte Band“, stellt Gloria-Frontmann und Sänger Klaas Heufer-Umlauf zum Einstieg für all jene klar, die von Gloria noch keinen blassen Schimmer haben sollten. Denn: Die Debütsingle „Warten“, die es gegen Ende des Konzerts auch auf die Ohren gab, ist gerade mal zwei Jahre alt. Also so abwegig wäre der Gedanke nicht.

Aber: Beim Bundesvision Song Contest im August gingen die Jungs an den Start. Seitdem… Nun ja. Siehe oben:Geheimtipp eben.

Gloria_Han_40Das Prädikat steht der Band um die beiden Frontmänner Klaas Heufer-Umlauf und Mark Tavassol, dem ehemaligen Basser von „Wir sind Helden“, durchaus zu. Technisch und gesanglich perfekt musiziert sich das sechsköpfige Team unaufgeregt durch den Abend. „Wir haben sogar nun eigenes Licht“, kündigt der Sänger an. Und eine kleine Tanzfläche soll es wohl auch geben. Wer aber deshalb eine große Show erwartet, wartet leider vergebens. „Schwaches Gift“, „Stolpersteine“, „Kreis“, „Haut“ oder den Titelsong „Geister“: All das gibt es vom aktuellen, dem zweiten Album nach „Gloria“ auf die Ohren, das bei der Grönland Deutschland GmbH erschienen ist, dessen Geschäftsführer kein anderer als Herbert Grönemeyer ist.

Ausverkauft!

Das Publikum – es besteht an diesem Abend zu zwei Dritteln aus jungen Frauen – hört artig zu. Gebannt vielleicht auch. Aber es dauert gut eine halbe Stunde, bis überhaupt ein wenig Bewegung in die Menge kommt, die sardinenartig den Großen Saal des Pavillons füllt. Eine Bestuhlung wäre auf jeden Fall eine Überlegung wert gewesen.

Gloria_Han_25Die Texte fesseln, doch sie liefern keine Parolen, sie stiften Gedanken. Gloria greifen Dinge auf, die wir zu übersehen drohen, um sie behutsam in unseren Blick zu legen“, beschreibt das Duo Heufer-Umlauf/Tavassol den Geist ihrer Kompositionen. Und so stehen die nachdenklichen Texte über kleine und große Gedanken an den Alltag und dessen emotionale Höhen und Tiefen an diesem Abend im Gegensatz zu den munteren Plaudereien zwischen den Liedern. „Hannover, das ist das größte und schillerndste Ziel das man erreichen konnte. Damals. Mit einem Schülerferienticket“ ,blickt der Oldenburger Klaas Heufer-Umlauf scherzend auf seine Vergangenheit. „Konntest Du da auch schon jemanden mitnehmen?“, will Mark Tavassol wissen. „Ja, aber ich habe aber niemanden getroffen, der zurück wollte aus Hannover ins poplige Oldenburg. Da musste man auch durch Delmenhorst. Da wird man erschossen.“ Es gab praktisch nichts, wovor der ehemalige MTV-Moderator Halt machte in seinen Moderationen – und erzählte von Fernsehpreisverleihungen, einer Begegnung mit Margot Käßmann bei einer Talkshow („Die Frau steckt voller Überraschungen. Sie wissen das besser, hier in Hannover.“) oder erzählt, wie der Song „Eigenes Berlin“ in der Soap „Berlin Tag und Nacht“ verwurstet wurde. „Ich wollte ihm sagen: Komm doch nach Hause, Hase. Du musst doch nicht mit denen abhängen“, redete der kurzerhand auf seinen Kumpel, den Song, ein. Um dann „Warten“ anzustimmen, damit das Publikum endlich mal ein wenig in Bewegung geriet bei den Bass- und Gitarrenriffs des Refrains.

Gloria_Han_15Diese Stimmung nutzend, kündigt der Frontmann alsbald ein „kollektives Erlebnis wie in einem Pixar-Film“: Alle Handylichter im Anschlag, bannte die Band Hannover auf ein Video – „die Stadt der Dichter und Denker. Und Frank Hanebuth.

Nach exakt 60 Minuten fiel der erste Vorhang. Nach weiteren 30 Minuten und zwei Zugabensets war: Feierabend. „Gute Nacht, bis morgen“. Mit diesem Song geht Gloria. Und lässt das Publikum zurück mit schweren Gedanken zum Thema Organspende, um das sich dieser letzte Titel des Abends dreht. Nun ja. Kann man machen.

Der Geheimtipp ist übrigens und trotzdem wirklich einer für jene, die auf deutschen, handgemachten, handwerklich wirklich bemerkenswerten Gitarren-Pop mit tiefschürfenden Texten stehen. Ein schlechter Abend und Zeitverschwendung fühlen sich anders an.

Fotos Thorsten Knottek – Text (km)