für mehr nackte Männer auf Schultern von Männern und gegen Homophobie

Vergangenen Samstag feierte Casper in der Swiss Life Hall den Abschluss seiner „Lang Lebe Der Tod„- Tour. 13 Städte, fünf davon ausverkauft, dazu gehörte auch der Termin in Hannover.

Nach einer sehr exklusiven „Catchcasper“-Clubtour sollte nun das neue Album auch in großen Hallen und mit gebührender Show gefeiert werden – was zweifellos gelungen ist, soviel sei vorweg genommen.

Als Support ist Fatoni dabei, solider Deutschrap mit humoristischen und selbstironischen Zwischensequenzen und einem sehr liebevoll gestaltetem Bühnenbild. Die Atmosphäre ist ausgelassen und euphorisch, gespannt verfolgt das Publikum das bunte Treiben auf der Bühne. Es wird Gemüse (LAUCH) geworfen, ein Plüsch-Hai fliegt umher und in den ersten Reihen wird sogar Essen verteilt. Die Begrüßung gestaltet sich in breitestem Bayrisch: „Servus Hannover! Habs ihr scho so richtig Bock?“ Ja freilich!

Um viertel nach acht wird das Licht gedimmt, im Spotlight fällt das Stacheldrahtbanner im Stil des Album-Covers, dahinter offenbart sich im Blitzlichtgewitter eine riesige LED-Leinwand sowie eine leicht angeschrägte Bühnenkonstruktion. Mit „Alles ist erleuchtet“startet der Abend sogleich mit einem Lied des neuen Albums und wer Casper bereits live erlebt hat weiß, er steht schon jetzt keine Sekunde mehr still.
Diese Energie überträgt sich sofort auf das Publikum, es wird gesprungen geklatscht und laut mitgesungen.
Im Ascheregen“ und „Auf und davon“ repräsentieren die beiden vorherigen Alben Hinterland und XOXO; die Setlist ist bis auf eine Ausnahme aus diesen drei Alben zusammengestellt. Die Stimmung ist grandios, auch Casper scheint beeindruckt:

„Gerade mal drei Songs gespielt und jetzt schon mehr los als in anderen Städten während der ganzen Show!“ 

Nach „Lass sie gehen“ bleibt es kurz dunkel, pulsierendes rotes Licht, dröhnende Bässe und das gesprochene Intro kündigen „Sirenen“ an. Mit dem explosiven Beginn des Songs gibt es auch bei den Fans kein Halten mehr.

Erfreut stellt Casper fest, dass nicht nur Mädchen, sondern inzwischen auch ein junger Mann im Publikum auf die Schulter eines anderen gehoben wurde.

„Dieser ‚Auf-den-Schultern-sitz‘-Sexismus muss gebrochen werden!“ plädiert er. „Für mehr nackte Männer auf den Schultern von Männern!“
Ein Apell, dem die anwesenden Herren sofort bereitwillig Folge leisten, sehr zur Erheiterung des Rappers.

Das ruhige Keyboard-Outro von „Morgellon“, einer Hommage an alle Verschwörungstheoretiker und Hypochonder dieser Zeit, steigert sich rasant und die Ansage „Habt ihr Bock Abriss zu machen? Wir sind die letzte Gang der Stadt!“ verrät, welches Lied nun folgt. In Kombination mit „Ganz schön okay“ und „Hinterland“ entsteht wieder dieses Gefühl von Melancholie und Nostalgie, für das Casper so bekannt ist. Es geht um die Unbeschwertheit der Jugend und die Schwierigkeiten die es mit sich bringt, Erwachsen zu werden und zu sein. „So perfekt“ folgt als kleiner Mutmacher vor zwei sehr persönlichen und berührenden Liedern.

Für „Das Grizzly Lied“ steht Casper zu Beginn allein in einem Lichtkegel und beschreibt die schwierige und doch innige Beziehung zwischen Vater und Sohn. Bei „Michael X“ entsteht ein wunderschönes Lichtermeer aus Handydisplays und Feuerzeugen, sowohl vor der Bühne als auch auf den Rängen.

Während des verlängerten Outros von „Der Druck steigt (Die Vergessenen Pt. 1)“ taucht Casper plötzlich auf einer zweiten Bühne beim Mischpult auf, um von dort aus „Blut sehen (Die Vergessenen Pt. 2)“, ein kleines Medley und „Mittelfinger hoch“ zum besten zu geben. Nachdem er zurück auf der Bühne angekommen ist herrscht ein kleiner Moment des Innehaltens, bevor er unvermittelt ins Mikro brüllt: „Gegen Sexismus, Rassismus, Faschismus und Intoleranz! Mittelfinger hoch!“ und erneut den Refrain des Songs anstimmt. 5.000 Stimmen geben lautstark ihre Zustimmung.

Nach „Wo die wilden Maden graben“ wird Casper ein wenig sentimental: „Das hier ist die letzte Show der Tour und ich könnte es mir nicht besser vorstellen als mit euch!“ und so geht es weiter, denn bereits am Anfang von „Meine Kündigung“ werden erneut Handylichter und Feuerzeuge erhoben. Die Show endet vorläufig mit dem Titeltrack „Lang lebe der Tod“, aber natürlich wird das Publikum nicht einfach so stehen gelassen. Laute Rufe nach einer Zugabe locken die Musiker zurück auf die Bühne. „Keine Angst“ und „Jambalaya“ lösen noch einmal eine Gefühlsachterbahnfahrt aus und laden zu einem letzten Tanz, bevor das Konzert mit dem mit dem  ruhigen Lied „Flackern, flimmern“ endet.

Zum Schluss bedankt Casper sich überschwänglich bei den Fans für ihre Geduld und ihren Support, scheinbar fehlen auch ihm ein wenig die Worte; viel zu schnell ist dieser Abend vorbei und der Weg nach Hause steht bevor. Als kleines Trostpflaster bleiben noch zwei Termine der Tour im März 2018, die anschließende Festivalsaison und natürlich die Bildergalerie 😉

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(VD)