Motorpsycho Die unendliche Geschichte

Motorpsycho (Foto: Isabelle Hannemann)

Die unendliche Geschichte

von Max Noreg

Motorpsycho?“ „Ja, schon mal gehört. Die machen doch…“ Am Ende ist der Rest des Satzes vielfältig, aber nicht beliebig. Die Frage noch zu wälzen, in welches Musikgenre Motorpsycho  eingeordnet werden müssten, ist eigentlich müssig. Muss mensch hören, reinlassen, dazu abgehen, nicht diskutieren.

An diesem lauen Abend in der 60er-Jahre-Halle des Veranstaltungszentrums Faust stellt die Band genau das einmal mehr unter Beweis: Keine Schublade, kein Klischee – außer vielleicht die Länge vieler ihrer Songs: jenseits der 10 min.

Die Show beginnt so pünktlich und unprätentiös, dass zum Anfang des Konzerts die Halle nicht mal annähernd gefüllt und die meisten Zuschauer sich offensichtlich erstmal in Stimmung grooven müssen.

Nicht so die Band selber:

Motorpsycho (Foto: Isabelle Hannemann)

„Hab’ schon leisere Konzerte von denen gehört.“ Aber nicht heute. In Hannover brennen Bent Saether, Hans Magnus Ryan und Tomas Järmyr verstärkt durch den Gitarristen und Keyboarder Reine Fiske ein Feuerwerk an harten Gitarrenriffs in die Köpfe. 30 Jahre Bandgeschichte auf zweieinhalb Stunden komprimiert. Und es funktioniert. Spätestens ab dem zweiten Song Other Fool  – die Halle hat sich mittlerweile gut gefüllt – ist der Raum ein Meer aus Hunderten wippenden Köpfen und schwitzend im Rhythmus schwingenden Körpern. Dazwischen breiten sich die Songs mal verspielt melodiös, mal militärisch stampfend, mal bretthart und knarzig als fette Klangteppiche aus.

Das Spiel mit den Brüchen zwischen den solierten Passagen der einzelnen Bandmitglieder und von einem Song zum anderen gelingt perfekt. Nach dem reduziert beginnenden treibend langsam aufbauenden Alchemist wechselt die Besetzung die Instrumente und spielt Nature’s Way akkustisch:

Back in the 1970s

Direkt im Anschluss  – der nächste Bruch – das Titelstück des aktuellen Albums The Crucible: „This is a song about Belgium“

Mit Doppelhalsgitarre/-bass bewaffnet und vor alten schwarzweiß-Filmsequenzen von Wehrmachtsflugzeugen arrangiert die Band Riffs wie Bombenabwürfe und Explosionen, melancholisch bitter abgewechselt von süßlichen Glockenspiel-Lines.

Motorpsycho (Foto: Isabelle Hannemann)

Haben abgeliefert“ Wiederum ziemlich pünktlich um 22 Uhr verlassen die vier Musiker die Bühne. Keiner der Psychonauts im Publikum stellt sich irgendwelche überflüssigen Fragen nach Genre-Zugehörigkeit oder Stilrichtung. Neben einer beseelten Verpeiltheit und dem Störgeräusch-Fiepen auf beiden Ohren bleibt die Gewissheit: Das nächste Motorpsycho-Konzert kommt bestimmt. Und das ist gut so.

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(IH)