Edelstahl statt altem Eisen
„Tattoos“ prangt in großen Lettern auf den Videoleinwänden, während das mehr als 20 Musiker zählende Philharmonic Volkswagen Orchestra in einer abenteuerlichen, doppelstöckigen Bühnengerüstkonstruktion seine Plätze einnimmt.
Wenig später werden die ersten Gitarrenriffs der Peter Maffay Band von einem grollenden Motorsound übertönt. Der renommierte Rocker kommt lässig auf einer Harley sitzend die Bühnenrampe herauf gefahren und stellt die Maschine vor seinem Mikrofonständer ab, wo er den Zündschlüssel gegen seine Gitarre tauscht. Und dann zündet er noch einmal richtig.
Er will hier in der gut gefüllten TUI Arena die Sonne scheinen lassen, kündigt Maffay an und spielt mit seinem aktuellen Song „Sonne in der Nacht“ den Wettergott. Gut, heller wird es in der Halle dadurch nicht, aber offenbar wärmer. Schon nach kurzer Zeit muss die coole schwarze Lederjacke des Kurzstreckenbikers wieder zurück in die Garderobe. Unter der Jacke kommen die blanken Arme des Rockers zum Vorschein, die mit diversen Tätowierungen gespickt sind. Tattoos haben für deren Träger oft eine sehr tief sitzende Bedeutung und erzählen, jedes für sich, Geschichten der ganz persönlichen Art. In seinen über 40 Jahren Bühnenpräsenz hat der gebürtige Rumäne sicherlich mehr Geschichten erlebt, als er je zu Papier bringen könnte. Einige davon gingen jedoch auch bei ihm sichtlich unter die Haut.
Heute trägt er einige der Geschichten, die er in seinen Songs verarbeitet hat, in die Welt hinaus, wo sie wiederum anderen Menschen unter die Haut gehen.
Maffay ist vom ersten Moment an voll da, umgeben von einer Aura voller Energie und Schaffensdrang und dennoch mit der spürbaren Gelassenheit eines Routiniers. Seine Erfahrung hat ihn offenbar auch gelehrt, mit der anfänglichen Zurückhaltung des Publikums cool umzugehen.
Und die Geduld soll sich auszahlen, denn nach etwas mehr als einer halben Stunde hält es die Ersten nicht mehr auf ihren Plätzen. Im Pulk strömen sie bei „Hoch und höher“ zur Absperrung vor der Bühne und genießen ihr Idol noch ein Stück näher.
Bei „So bist du“ rückt dann Maffay seinerseits noch ein Stück näher und herzt seine Anhänger auf der anderen Seite der Barriere. Ohnehin präsentiert er sich volksnah, herzlich und schon fast ein wenig zu bemüht um die gute Stimmung unter seinen Gästen. Über die gute Stimmung besteht aber wirklich kein Grund zur Sorge. Seine Anhänger feiern sowohl zu den Songs seines aktuellen Albums, als auch zu den Klassikern, die inzwischen mehrere Generationen begeistern. Zu „Sieben Brücken“ holt ein Crewmitglied plötzlich Max auf die Bühne, einen Fan im Teenie-Alter.
An seiner Mimik kann man über deutlich ablesen, was es für ein Gefühl sein muss, plötzlich vor 8.000 Menschen im Rampenlicht zu stehen. So ist es auch nur verständlich, dass Max‘ Gesangsbeitrag etwas spärlich ausfällt.
Etwas textsicherer, aber mindestens genauso beeindruckt zeigt sich das Mädchen mit der langen, blonden Mähne, die als zweites neben Peter Maffay den Ausblick auf die Tausenden begeisterten Fans genießen darf. Bei Songs wie „Es war Sommer“ und „Du“ ist der Text zwar bei den meisten Anwesenden tief in die Hirnrinde gefressen, wird aber nebensächlich, neben den aufkochenden Emotionen, die diese legendären Hymnen freisetzen. Freude mischt sich mit Sehnsucht, Liebe, Hoffnung und Melancholie. Und gerade die letztgenannte kommt bei dem ein oder anderen sicher auf, alszwischendurch eine kleine Diashow mit Fotos aus den guten alten 70’ern über die Leinwände läuft. Die Bilder zeigen Maffay in seinen jungen Jahren mit wilden Frisuren und noch wilderen Outfits.
Doch auch heute, mit seinen fast 62 Jahren, beweist der Rocker, dass er noch lange nicht zum alten Eisen zählt. Unter der Weste zeichnen sich trainierte Brustmuskeln ab, der tätowierte Bizeps beeindruckt ohnehin. Und als Maffay dann auch noch von einer der Boxen am Bühnenrand über den Fotograben hinweg auf die Absperrgitter springt, wird deutlich, wie viel Power in ihm steckt. Nach zwei Stunden entdeckt man an ihm noch immer kein Zeichen von Erschöpfung. Trotzdem zieht er sich für einen Moment etwas zurück und überlässt seinen ebenfalls hochkarätigen Mitmusikern die Front der Bühne, die diese Chance für gelungene Eigenkompositionen oder die Interpretation von Classic Rock Hits nutzen. Ein weiteres Zeichen für die Größe des „kleinen Mannes“ an der Spitze dieser Band.
Dann steigt der Chef die Stufen im Orchesterpodest nach oben und lässt sich noch einmal feiern, während die Menge ihn gesanglich begleitet: „Irgendwo tief in mir bin ich ein Kind geblieben.“ Und damit verschwimmen nach fast drei Stunden gefühl- und kraftvollem Konzert die Grenzen zwischen jung und alt. Irgendwo sind sie fast alle Kind geblieben, bis auf die wenigen, die Angst haben, im Stau zu stehen und schon vorzeitig zu ihren Autos aufbrechen. Die sind sicher nicht tätowiert.
js
PETER MAFFAY & BAND
und das Philharmonic Volkswagen Orchestra
TOUR 2010/2011
Di 02.11.10 Hamburg Color Line Arena
Do 04.11.10 Berlin O2 World
Fr 05.11.10 Kiel Sparkassen-Arena
Sa 06.11.10 Halle/Westf. Gerry Weber Stadion
Mo 08.11.10 Leipzig Arena
Di 09.11.10 Rostock Stadthalle
Mi 10.11.10 Bremen AWD Dome
Fr 12.11.10 Flensburg Campus Halle
Sa 13.11.10 Hannover TUI Arena
So 14.11.10 Mannheim SAP Arena
Di 16.11.10 Nürnberg Arena
Do 18.11.10 Frankfurt Festhalle
Fr 19.11.10 Dortmund Westfalenhalle
Sa 20.11.10 Dresden Messehalle
Mo 22.11.10 Magdeburg Bördelandhalle
Di 23.11.10 Erfurt Messehalle
Do 25.11.10 München Olympiahalle
Fr 26.11.10 Frankfurt Festhalle Zusatzkonzert
Sa 27.11.10 Trier Arena
Mo 29.11.10 Stuttgart Schleyerhalle
Di 30.11.10 Freiburg Rothaus-Arena
Mi 01.12.10 Friedrichshafen Messehalle
Fr 03.12.10 Zwickau Stadthalle
Sa 04.12.10 Köln Lanxess-Arena
Mo 06.12.10 Regensburg Donau Arena
Di 07.12.10 Göttingen Lokhalle
NEU! 21.05.11 Bad Segegberg Freilichtbühne
NEU! 24.05.11 Hannover TUI Arena
25.05.11 Dortmund Westfalenhalle Zusatzkonzert
28.05.11 Berlin Waldbühne Zusatzkonzert
NEU! 17.06.11 Halle/Westfalen Gerry Weber Stadion
18.06.11 Ludwigslust Schlossgarten Open Air
NEU! 21.06.11 München Olympiahalle
NEU! 22.06.11 Nürnberg Arena
24.06.11 Erfurt Domplatz Open Air
25.06.11 Dresden Theaterplatz Open Air
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