Revolverheld MTV Unplugged

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Wohnzimmerstimmung zum Unplugged Konzert in der Swiss Life Hall? Schwer zu realisieren in einer Halle wie dieser, doch die Hamburger Band Revolverheld strahlt mit Normalität, Witz und guter Musik.

Das Konzert sollte bereits am 23. März stattfinden, doch Johannes Strate, der Sänger der Band, lag krank im Bett. Am Nachholtermin, dem 21. November gibt sich die Band mit den Gitarristen Kristoffer Hünecke und Niels Grötsch, Schlagzeuger Jakob Sinn und Chris Rodriguez, der auf Tour am Bass begleitet, dann besonders viel Mühe.

2016-11-21-21-16-59_revolverheld_dsc_0195Tollen Support gibt es vom Österreicher Julian LePlay. Als Voract bringt er die Fans schon zu Beginn zum Kreischen und stimmt das Publikum mit deutschen Texten bestens ein.

Die Swiss Life Hall, die mit fast 5.000 Leuten ausverkauft ist, kann es kaum erwarten. Kreischende Teenager, aber auch Ehepaare zeigen, dass die Musik für Jedermann gemacht ist, auch wenn die Ehemänner nicht immer aussahen, als wären sie aus eigenem Ansporn dort.

2016-11-21-22-06-31_revolverheld_dsc_4552Das Licht geht aus und auf der Leinwand vor der Bühne erscheint der Schauspieler Oliver Wnute. Wie auch auf der DVD „Revolverheld MTV Unplugged in 3 Akten“ begrüßt er das Publikum und leitet in die Thematik des ersten Aktes ein. Der Scheinwerfer zeigt auf die Tribüne und oben in der Tür steht Revolverheld. Zwischen den vollen Rängen und unten durch den Innenraum, an den Fans vorbei, macht sich die Band auf den Weg zu der Nebenbühne, die im Zuschauerraum aufgebaut ist (2nd Stage). Diejenigen, die sich extra einen Platz ganz vorne gesichert haben, wirken sichtbar enttäuscht. Doch nach dem ersten Akt „In der Kneipe an der Ecke“ wechselt das Geschehen auf die große Bühne. Die Aufteilung in die drei Akte ist nicht nur thematisch, sondern auch instrumental unterteilt. Im ersten Akt, mit wenigen Instrumenten anfangend, steigert sich dies bereits im zweiten Akt „Immer in Bewegung“, wenn Streicher und die Backgroundsängerinnen einstimmen. Die beiden Backgroundsängerinnen haben auch ihre eigenes Soli. Sie singen mit Sänger Johannes den Song „Spinner“ und „Halt dich an mir fest“ und  vertreten hier die Sängerinnen Annett Louisan und Marta Jandová, die die Songs bei der Uraufführung gesungen haben, mit Bravour.

Zwischen den Songs werden immer wieder nette Geschichten erzählt. Nicht vergessen darf man hier das „Würstchentrauma von Reinbek“, wie es die Band selbst nannte. In den Anfängen der Band spielte Revolverheld im Norden von Hamburg in einem Freibad bei einem Band-Contest. Sie belegten den dritten Platz…von dreien. Vor dem Auftritt bekam die Band einen Gutschein für genau eine Bratwurst, welche sie nach dem Auftritt brüderlich durch fünf teilen wollten. Sogar der Bratwurstverkäufer, welcher angeblich etwas von Musik verstand, meinte auch noch seinen Senf dazu zu geben und die Band zu kritisieren. Mit viel Witz blickt die Band heute darauf zurück und bringt das Publikum ein ums andere Mal zum Lachen.

Auch das Thema Fußball kommt immer wieder auf, ein netter Schlagabtausch zwischen den Fans von Hannover 96, Werder Bremen und dem Hamburger SV. Als bekannte Werder Bremen Fans stellt die Band fest, dass die Nordclubs wieder mehr Gas geben müssen.

Doch damit nicht genug, als die Band erzählt, wie viele Konzerte sie spielen würden und sie sobald sie einen freien Tag haben in die Heimat fahren würden, kommt heraus, dass Strates Freundin, die Schauspielerin Anna Angelina Wolfers, genau an diesem Tag zum Konzert von Justin Bieber fährt. Einige Mädchen aus dem Publikum kreischen sofort auf und schon entsteht eine Diskussion zwischen Band und Publikum, die bald alle zum Lachen bringt.

Beim Song „Darf ich bitten“ rappt auf der CD und DVD Das Bo. Da dieser jedoch nicht immer dabei sein kann, lost die Band aus, wer diesen Part übernehmen wird, doch auf jedem der gezogenen Tischtennisbälle steht „Mr. President“. Mit einem Witz, ob der neue US amerikanische Präsident Donald Trump nun auf die Bühne käme, wird schnell klar, dass nun als Special Guest Delroy Rennalls, Sänger der ehemaligen deutschen Band Mr. President. Das Publikum tobt und die Stimmung könnte kaum besser sein. Textsicher singen alle mit und machen Fotos und Videos.

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Auch Ole Specht, Sänger von Tonbandgerät, ist als Gast da und singt mit Revolverheld den Song „Worte die bleiben“. Julian LePlay bekommt nach seinem Support in der Show auch noch seinen Auftritt und sing mit Johannes Sommer in Schweden“, ein Song über die Studienzeit. Trotz eines kleinen Patzers vom Österreicher in der zweiten Strophe, machte er tapfer weiter und ließ sich keine weitere Nervosität und Unsicherheit anmerken.

2016-11-21-22-45-43_revolverheld_dsc_0349Ich werde nie erwachsen“ spielt die Band. Einer der schnelleren Songs und überraschend kommt Henning Wehland auf die Bühne. Bekannt durch die Söhne Mannheims und als Juror von The Voice Kids liefert er mit einer Ausstrahlung, die man nur selten erlebt, richtig ab. Mitten im Song wird die „Mannequin Challenge“, die bereits im Internet ein riesen Hype ist, eingebaut. Auf ein vorher bekannt gegebenes Signal muss sowohl das Publikum als auch die Band mit Henning Wehland im Freeze stehen bleiben. Erst als alles fertig gefilmt ist geht es weiter und das Publikum flippt aus. Das absolute Highlight der Show ist jedoch der Song „Ich lass für dich das Licht an“. Die Scheinwerfer gehen aus und Revolverheld fordert das Publikum auf, die Handyleuchten oder Feuerzeuge anzumachen. Ein atemberaubendes Bild und in dem Moment wo Strate den Song anstimmt setzt das Publikum direkt ein und sing die erste Strophe und den Refrain ohne Probleme alleine. Nun fängt die Band von vorn an, diesmal gesungen vom Frontmann.

2016-11-21-22-52-33_revolverheld_dsc_4774Nicht nur mit den bekannten Songs begeistert Revolverheld in Hannover. Eine spontane Aktion mit Schüttelreimen bringt das Publikum immer wieder zum Lachen. Eine Improvisation auf eine andere Weise mit nicht immer guten Reimen, über die die Band selber lachen muss. „Ey, ey Hannover, wollt ihr denn schon nach Hause auf´s Sofa?“ geht es los und im weiteren Verlauf „Und unsere Nordclubs die scheißen sich vor´m Tor in die Bux. Doch nächstes Jahr steigt 96 auf, dann macht wenigstens einer von vier Vereinen, mal endlich was draus. Und ich hoffe nicht, dass HSV und Werder runter gehen, das würde meine Seele echt gar nicht verstehen.“ So kam auch hier das Thema Fußball wieder auf. Erst durch Henning Wehland, der noch einmal auf die Bühne kommt, kommt der Improvisationspart zu einem niveauvollen Ende: „Hallo Hannover, es ist noch nicht Game Over, denn hier ist ne Band, die spielt für Liebe und niemals für Geld, das ist Revolverheld.“ Im Chor wird dieser tolle Part vom Söhne Mannheims Sänger, Revolverheld und dem Publikum im Canon gesungen.

Nach fast zweieinhalb Stunden geht das rundum gelungene Konzert, mit tollem Publikum, sympathischen und am Boden gebliebenen Musikern, tollen Texten und spitzenmäßiger Musik zu Ende.

(AB)