Dramaturgie und Theatralik im Musikzentrum

Ein ganz und gar ungewöhnlicher Auftritt fand am 8. September im Musikzentrum statt. Es luden Goethes Erben zur musikalischen Darbietung. Multitalent Oswald Henke, hat die Erben für eine kurze Tour durch Deutschland versammelt, was nicht alle Tage vorkommt. Henke, bekannt durch seine weiteren Musikprojekte, Henke, Erblast oder fetisch:Mensch verzauberte also an diesem Abend das Musikzentrum mit musikalischer Melancholie.

Ohne Vorband in der Hinterhand, eine solche hätte den Abend wohl eher ruiniert, beginnen Goethes Erben ihr knapp über zwei Stunden währendes Set erst Verhältnismäßig spät. Das dabei wirkliche Partystimmung fehlt störte hier keinen, war doch allen bewusst, auf was man sich einließ. Tatsächlich schaffte es Oswald Henke aber immer wieder zu begeistern. War es nur das elektrische Licht, welches er in seiner Handfläche brennen ließ, während der Rest der der Bühne, ja des ganzen Musikzentrums abgedunkelt war? Das schaute einfach wunderbar aus. Auch, dass die Songtexte auf einem Tisch in der Bühnenmitte standen störte nicht. Wer so kreativ und umfassend großartige Werke schreibt, sollte nicht nur ablesen dürfen, nein, gerade das Ablesen erzielt die Wirkung einer Lesung der Werke von Goethe persönlich. Die Bühnenpräsenz wurde verstärkt und unterstützt durch die immer wieder in den Vordergrund tretende Sängerin Sonja Kraushofer (L’Âme Immortelle, Coma Divine und Persephone), welche mit Stimme und Ausdruck zu überzeugen wusste. Nur an die Mimik von Henke kam Sie bei weitem nicht heran. Der Rest der Band blieb dabei eher schweigend und stumm im Hintergrund. Gerade, wenn Ihre Instrumente nicht benötigt wurden, wirkten einzelne Mitglieder wie versteinert und wurden auch gekonnt von Bühnenlicht ausgespart. Gothic halt.

Zwischen Songs wie Angespuckt zu Beginn, gab es bei Zinnsoldaten und später nochmal immer wieder eine großartige Interaktionen mit dem Publikum. Mal waren es nur Blicke, dann aber, an aggressiven Stellen der Lieder, sprang Oswald ohne Vorwarnung ins Publikum und rannte wie ein Irrer durch dieses hindurch. Ein Fan, bewaffnet mit vier Bieren hätte bei dieser Geschwindigkeit schon nach wenigen Schritten nichts mehr vom guten Einbecker Bier, welches im Musikzentrum ausgeschenkt wurd, in seinen Bechern. Berührungsängste gab es hier sicherlich keine und das sonst recht träge Publikum wurde kurzfristig gut durchgemischt.

Das war es dann allerdings auch schon. Der Abend zieht sich wie an einer Schnur entlang dem unausweichlichen Ende entgegen. Zum Abschluss dankte der nach diesem wunderbaren Auftritt sichtlich geschaffte Oswald dem Publikum mehrfach, ehe er unter Jubel mit dem Rest der Erben die Bühne verließ.

DS