ROCKHARZ FESTIVAL 2024 – DER Freitag

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Surgical Strike haben es nicht leicht, als erste Band des Tages und Ersatz für Defects. Doch das Wetter zeigt sich gnädig und eine beachtliche Menge hat sich für die Hannoveraner vor der Rock Stage eingefunden. Wie könnte man den dritten Tag des Rockharz besser beginnen als mit ein bisschen Trash Metal? Ein Circle Pit geht auch schon vor dem ersten Kaffee. Vor und auf der Bühne herrscht eine großartige Stimmung, auch Soundprobleme sind egal, Sänger Jens Albert hat sein Publikum voll im Griff.

Vogelfrey starten ihr Set mit dem Deichkind-Cover „1000 Jahre Bier“ und haben ordentlich Feierlaune im Gepäck. “Wir freuen uns wie kleine Kinder wieder bei euch zu sein!“ ruft Sänger Jannik Schmidt und schwelgt zwischendurch in Erinnerungen an den letzten Auftritt im Harz. Das Publikum scheint die Band ebenfalls vermisst zu haben. „Nie wieder Met“ und „Galgenvogel“ (inklusive akrobatischer Einlage, bei der Jannik auf den Schultern von Henk, dem Henker singt) werden abgefeiert, bei der energiegeladenen Performance kann sich einfach niemand entziehen.
Zu „Was kostet der Fisch“, einem Cover eines großen deutschen Dichters der 90iger werden auch noch (glücklicherweise aufblasbare) Haie und Delfine ins Meer der Fans entlassen. Den Abschluss bildet „Nicht A“, eine augenzwinkernde Hommage an die Mittelalter-Szene und wer jetzt nicht erst mal ein Bier und ein Sauerstoffzelt braucht, dem kann keiner mehr helfen.

Die A Capella Formation Van Canto macht gleich zu Beginn einen Deal mit den Fans: Wenn sie eine Trinkpause einlegen, muss das Publikum komplett ausrasten. Das funktioniert hervorragend, die Menge frisst der Band von der ersten Sekunde aus der Hand, auch wenn der Sound nicht ganz so mitspielt. Nach „To Sing A Metal Song“ wird „Rebellion“ angekündigt, jedoch an Bedingungen geknüpft. Bei dem letzten Auftritt vor fünf Jahren hätte es Damen gegeben, die auf Männern über die Menge crowdsurfen. Ob das bitte noch mal passieren könnte? Und wenn die Herren Schottenröcke tragen, dann bitte mit den Beinen zur Bühne. Für die „schöne“ Aussicht. Man sollte aufpassen, was man sich wünscht, den das Publikum beim Rockharz ist schmerzbefreit. Apropos wünschen, natürlich schlägt auch „Whismaster“ ein wie eine Bombe, insgesamt ist das Set mit Liedern wie „Neuer Wind“ und „Fear Of The Dark“ eine grandiose Mischung aus eigenen Songs und bekannten Metal-Klassikern.
Es gibt noch reichlich Lob für die Stimmgewalt und Textsicherheit der Menge und auch für das fleißige Rausfischen der Crowdsurfer an die Grabenschlampen. So kann man doch beseelt zur Benediction hinüberschweben, und sich von deren Death Metal eine kleine Realitätsklatsche verpassen lassen.

Kissin’ Dynamite erobern wie immer im Sturm die Bühne und gleichzeitig die Herzen der Fans. Es ist zwar noch nichts passiert, aber die Band wird mit lautem Jubel und Beifall begrüßt.
Sänger Hannes Braun zieht sofort alle in seinen Bann, „No One Dies A Virgin“ und „I’ve Got The Fire“ enttäuschen die Erwartungen nicht. Aber heute wird nicht nur der erste Rockharz Auftritt seit 2019 gefeiert, sondern auch Release-Day. Denn heute erscheint das achte Album der Band „Back With A Bang“, daraus gibt es mit „My Monster“ auch gleich mal einen überzeugenden Vorgeschmack.
Mit Königsmantel und Thron ausgestattet herrscht Hannes nach „I Will Be King“ die Zuschauer an, gefälligst alle beim nächsten Song zu springen: „Und zwar bis zum verschissenen Donut-Stand!“ Dem Befehl kann an natürlich nur Folge leisten und nach „DNA“ gibt es nicht fürs Mitmachen, sondern auch für den jahrelangen Support einen überschwänglichen Dank vom Sänger an die Fans. „You’re Not Alone“ bildet einen kleinen Ruhepol in der sonst sehr explosiven und energiegeladenen Show. Mit „Raise Your Glass“ verlassen die sichtlich überglücklichen Musiker die Bühne und die Menge bleibt laut jubelnd zurück. Für viele wird dieser Auftritt sicherlich als eins der Highlights des Festivals abgespeichert bleiben.

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Bei Suicidal Tendencies geht auf der Dark Stage buchstäblich der Punk ab. Anfangs scheint es mit dem Mirko Probleme zu geben, allerdings bieten die Musiker auch so eine umfangreiche Show. Es wird von rechts nach links gerannt, gehüpft, ins Publikum gebrüllt, von Verstärkern gesprungen. Die Fangemeinde ist eher klein, aber trotzdem nicht zu stoppen.
Es bildet sich ein großer Circle Pit vor der Bühne, der ein oder zwei Crowd-Surfern zum Verhängnis wird. Doch das hält Sänger Mike Muir nicht davon ab, sich während „Pledge Your Allegiance“ von der Bühne und die Menge zu stürzen. Passend dazu ermutigt er die Fans in einer Ansage, immer ihr eigenes Ding zu machen und sich von anderen nicht reinreden zu lassen. Amen!

Amaranthe haben optisch dezente Konkurrenz, zu Beginn ihres Auftritts lauern auf der Bühne nebenan bereits die Entchen von Alestorm. Aber nun den Fokus zurück auf die Rock Stage, mit „Fearless“ startet hier ein wahres Allround-Best-Of-Set der schwedisch-dänischen Metal-Band. Mit drei Sängern ist die Besetzung eher ungewöhnlich, aber in eine Schublade einsortieren lässt diese Gruppe sich ohnehin nicht. Die klare, melodische Stimme von Elize Ryd bildet einen starken Kontrast zu Mikael Sehlins Growls, dies wird durch Nils Molins cleane Vocals dazwischen perfekt ergänzt.
Trotz der erst vor kurzem beendeten Europa-Tour ist der Band noch lange nicht die Puste ausgegangen, Klassiker wie „The Nexus“ und „Amaranthine“ erfreuen sich großer Beliebtheit und die schier unerschöpfliche Energie der Musiker springt auf die Menge über.
Außerdem gibt es noch einen kleinen Wettkampf, es stehen noch einige Festivalshows für den Sommer an und da ist natürlich die Frage nicht weit, welches Publikum wohl das lauteste ist? Na, das muss man im Harz nicht zweimal sagen und nach einem wirklich beeindruckenden Applaus-Geschrei-Brüll Gemisch bleibt es bei einem etwas vagen „Wir legen uns da lieber noch nicht fest…“ Na ja, die anderen sollen ja denken, sie hätten noch eine Chance.
Mit „Drop Dead Cynical“ verabschieden sich Amaranthe unter tosendem Applaus von der Bühne und können einen weiteren Auftritt als vollen Erfolg verbuchen.

Wie das Bier zum Rockharz gehören überdimensionale Quietscheenten zu Alestorm. Gefühlt der gesamte Campground hat sich vor der Dark Stage versammelt und scharrt ungeduldig mit den Hufen. Es ist Partyzeit und entsprechend angeheizt ist die Stimmung. Der Einstieg mit „Keelhauled“ und „Alestorm“, mit Unterstützung von Patty Gurdy und ihrer Hurdy Gurdy trifft voll ins Schwarze.
Whos getting drunk tonigh?“ fragt Sänger Christopher Bowes scheinheilig grinsend die Menge und das Taio Cruz Cover „Hangover“ gibt schon mal den passenden Ausblick. Es hagelt Crowdsurfer ohne Ende, die Grabenschlampen haben alle Hände voll zu tun. Patty Gurdy darf bei „Voyage Of The Dead Marauder” nochmals ihr Gesangstalent unter Beweis stellen, und nach “Big Ship, Little Ship” (ob man das als Bob der Baumeister Cover bezeichnen darf?) wird es kurz dunkel auf der Bühne.
Fast schon irritierend, nachdem die Synapsen fast eine Stunde Dauerfeuer hinter sich haben. Nach dem üblichen Bühne-verlassen-und-überraschend-wieder-auftauchen-Spielchen werden alle Bandmitglieder einmal höflich vorgestellt. Und natürlich die Mission des Abends ganz klar festgelegt: „Tonight, we are here for one reason. Do you know it? Yeah, to drink your beer!” Bei „Drink“ gehen zwei Enten in der Menschenmasse baden und „Fucked With An Anchor“ bildet das letzte Highlight dieser bunten Setlist. Ob Christopher Bowes zum Abschluss ein herzliches „Thank you!“ oder doch eher „Fuck you!“ in die tobende Menge brüllt, wird wohl für immer ein Mysterium bleiben.

Nach diesem musikalischen LSD-Trip kommt nun ein dunkel-düsteres, aber dennoch nicht weniger gut besuchtes Kontrast-Programm. Die norwegischen Black-Metal-Ikonen Dimmu Borgir kündigen sich mit Donnergrollen und einem verheißungsvollen Intro an. Das Bühnenbild und Backdrop sind inspiriert vom Cover ihres Debüt-Albums „For all tid“, Burgmauern und mittelalterliche Torbögen umgeben die Musiker. Sowohl visuell als auch musikalisch hat diese Band einiges zu bieten.
Nebel und orchestrale Klänge läuten die Grundstimmung des Auftritts ein, ältere Stücke wie „Spellbound (By The Devil)“ und „Stormblast“ erfreuen sich großer Beliebtheit. In dreißig Jahren Bandgeschichte sammeln sich einige Fan-Lieblinge in der Diskografie, darunter auch „Council Of Wolves And Snakes“.
Mit „Mouning Palace“ endet das Set; mit der Mischung aus epischer Musik, theatralischer Inszenierung und unfassbaren Bühnenpräsenz haben Dimmu Borgir die Erwartungen an eine Headliner-Show mehr als erfüllt.


Wem nach dieser beeindruckenden Show noch immer nicht der Sinn nach dem Weg zum Zelt steht, kann noch mit „Nanowar Of Steel“ den vorletzten Festival-Tag mit einer fetten Party ausklingen lassen.

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(Victoria Doyle)