Nach dem ausverkauften Freitag beginnt der zweite Festivaltag bei strahlendem Sonnenschein und mit ersten müden, aber gut gelaunten Besucher*innen, die langsam zurück auf das Gelände strömen. Um 14:10 Uhr eröffnet die Band Kosmonovski das Programm – und liefert den perfekten Soundtrack für den frühen Nachmittag.
Die Band aus dem Ruhrgebiet steht für deutschsprachigen Indie-Rock mit Haltung, tiefgründigen Texten und melodischem Druck. Die künstlerisch, teils punkige Musik erklingt über das Gelände, während die wenigen Bierbänke besetzt werden und das Publikum sich warm tanzt – oder zumindest warm wippt. Noch ist es entspannt, doch Kosmonovski gelingt es, mit ihrem treibenden Sound und charismatischem Auftreten, das Publikum nach und nach einzufangen.
Die Sonne steht hoch, das Gelände füllt sich, und das Zusammenspiel aus Musik, Licht und entspannter Stimmung bildet den idealen Auftakt für einen vielversprechenden zweiten Festivaltag.
Gegen kurz nach 15 Uhr übernimmt Ad Infinitum die Bühne – und zeigt, wie kraftvoll Symphonic-Metal mitten am Tag wirken kann. Sängerin Melissa Bonny steht trotz verletzter Hand souverän im Rampenlicht. Ihre Professionalität beeindruckt: Mit starker Bühnenpräsenz, klarer Stimme und einer Ausstrahlung, die perfekt zum sonnigen Wetter passt, zieht sie das Publikum sofort in ihren Bann. Die gesamte Band strotzt vor Energie. Ob druckvolle Riffs, präzise Drums oder theatralische Gestik – alles wirkt stimmig, aber nie gekünstelt. Die Posen sitzen, die Performance ist durchdacht, bleibt dabei aber authentisch und nahbar. Zwischen den Songs gibt es immer wieder freundliche Worte an das Publikum, und man merkt: Hier steht eine Band auf der Bühne, die nicht nur musikalisch abliefert, sondern auch menschlich überzeugt. Das Publikum dankt es mit wachsender Begeisterung – Ad Infinitum weckt auch den letzten verschlafenen Festivalgast.
Kurz nach 16:30 Uhr wird es heiß auf der Bühne – im wahrsten Sinne des Wortes. Devil’s Train zünden mit ihrem Hardrock das nächste musikalische Feuerwerk und setzen dabei nicht nur auf Sound, sondern auch auf Show. Beim Song „American Woman“ betreten zwei knapp bekleidete Tänzerinnen die Bühne und bringen eine Prise Glamour und Provokation ins Spiel.
Einer der beiden versorgt die Band stilecht mit Whiskey direkt aus der Flasche, was für zusätzliche Jubelrufe aus dem Publikum sorgt. Es ist laut, es ist dreckig, es ist Rock’n’Roll pur – genau das, was viele sich von einem Festivalauftritt wünschen. Ein optisches Highlight neben den Tänzerinnen: die dunkelgrün lackierte Gitarre mit auffälligem Totenkopf-Motiv – ein echtes Statement, das genauso auffällt wie die Bühnenaction. Devil’s Train liefern ein kraftvolles, selbstbewusstes Set, das perfekt in den Samstagnachmittag passt und das Energielevel auf dem Gelände deutlich anhebt.
Am frühen Abend betreten Seven Spires aus Boston, USA, die Bühne – und bringen eine ganz eigene musikalische Farbe ins Festival. Ihr düsterer Symphonic Metal hebt sich stilistisch deutlich vom bisherigen Tagesprogramm ab. Sängerin Adrienne Cowan, ganz in Schwarz wie auch der Rest der Band, wirkt zwar auf den ersten Blick zierlich, doch ihre beeindruckende stimmliche Bandbreite, die mühelos zwischen klaren Gesangslinien und tiefen Growls wechselt, sorgt schnell für Gänsehaut. Der Sound ist komplex, atmosphärisch und intensiv – und trotzdem merkt man der Band an, dass sie vor allem eins will: Spaß haben. Zwischen den Songs gibt es immer wieder Lächeln, Augenkontakt mit dem Publikum und schließlich eine sympathische Überraschung: Adrienne begrüßt das Rock in Rautheim Publikum auf Deutsch – zur Freude der Anwesenden. Seven Spires liefern ein kraftvolles Set, das zum Zuhören, Mitfühlen und Eintauchen einlädt – ein echter Kontrast zum Hardrock zuvor, aber genau das macht den Reiz dieses vielfältigen Line-ups aus.
Als nächstes betreten Grand Magus die Bühne – oder besser gesagt: drei Musiker, die mehr Druck und Präsenz erzeugen als so manche Großbesetzung. Bass, Schlagzeug und Gitarre – mehr braucht es nicht, um das Publikum mit ehrlichem, erdigem Sound zu fesseln. Sänger und Gitarrist Janne „JB“ Christoffersson, der die Band 1996 unter dem Namen Smak gründete, steht mit markanter Stimme und souveränem Auftreten im Mittelpunkt.
Am Bass sorgt Mats „Fox“ Hedén Skinner für satte Tiefe, während Ludwig Witt mit wuchtigem, aber präzisem Schlagzeugspiel die Grundlage für den klassischen, schwedischen Doom- und Heavy-Metal-Sound legt. Die Musik ist anspruchsvoll, aber schnörkellos, mit kraftvollen Riffs und hymnischen Momenten, die sofort ins Ohr gehen. Die Stockholmer liefern ein Set ab, das puristisch wirkt, aber genau darin seine Stärke hat – ein Sound, der Lust macht auf mehr und zeigt, wie viel Ausdruck in Reduktion stecken kann.
Ein emotionales Zwischenspiel folgt im Anschluss an die kraftvollen Klänge: Marco Spiller, Vorstandsvorsitzender der Lebenshilfe Braunschweig und Veranstalter von Rock in Rautheim, betritt gemeinsam mit dem Organisations-Team die Bühne. Der Moment dient einem kurzen, aber wirkungsvollen Rückblick auf die bisherigen Jahre des Festivals. Die Bühne wird plötzlich eng – denn so viele helfende Hände aus den verschiedensten Bereichen wollen sich diesen Moment nicht entgehen lassen. Bevor Marco auf die ersten Ausblicke und geplanten Bands für das kommende Rock in Rautheim 2026 eingeht, kommt es zu einem besonders rührenden Augenblick: Dem Ideengeber und Gründer des Festivals, Michael, wird ein ganz besonderes Geschenk überreicht – ein frisch bedrucktes T-Shirt mit dem Aufdruck „EST. 2002“. Als er das Shirt in die Höhe hält, ist dem Publikum schnell klar: Micha ist gerührt. Ein Moment der Anerkennung für eine Vision, die längst Realität geworden ist. Marco Spiller nutzt die Gelegenheit, um allen Gewerken – von Technik über Gastronomie bis Sicherheit – herzlich zu danken, betont aber insbesondere die Bedeutung des Publikums: „Ohne euch wäre das alles hier nicht möglich, gebt euch den lautesten Applaus!“. Und er lässt durchblicken: Im nächsten Jahr dürfen es gern 5.000 Menschen werden, damit ein großartiges Line-up garantiert werden kann.
Zum Abschluss des zweiten Festivaltages hebt sich noch einmal der Vorhang – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn Amaranthe, der schwedische Headliner, bringt nicht nur drei herausragende Gesangsstimmen, sondern auch ein mehrstöckiges Bühnenbild, das an eine Rock-Oper erinnert. Die Szenerie wirkt gigantisch, futuristisch und durchdacht – eine visuelle Wucht.
Trotz der imposanten Pyroshow, die mit Feuerfontänen und Spezialeffekten für großes Staunen sorgt, dürfen dieses Mal Fotos direkt vor der Bühne gemacht werden. Also: Genießt die Bilder!
Amaranthe bieten eine Show, die ebenso professionell wie authentisch wirkt. Elize Ryd (Sopran), Nils Molin (Tenor) und Mikael Sehlin (Growls & Clean Vocals) harmonieren perfekt. Jeder hat seinen Moment im Rampenlicht, jeder seinen Zugang zum Publikum – und doch steht immer die Gemeinschaft im Vordergrund. Die Choreografie ist präzise, aber nicht steril; sie wirkt wie eine Choreografie der Emotionen: kraftvoll, mitreißend und verbindend. Dieses Feuerwerk aus Metal, Melodie und Energie holt auch den letzten Fan ab. Selbst wenn der direkte Vergleich mit dem gestrigen Headliner Beast in Black naheliegt – die beiden Shows sind so unterschiedlich, dass ein Vergleich unfair wäre. Und genau das macht das Festival aus: Vielfalt, Qualität – und Emotionen auf allen Ebenen.
Bis zum nächsten Mal!
Und schon ist Rock in Rautheim 2025 Geschichte. Zwei Tage voller Musik, Emotionen, Begegnungen und unvergesslicher Momente liegen hinter uns. Viele Eindrücke und Gänsehautmomente werden mit nach Hause genommen – von Fans, Helfer*innen und Künstler*innen gleichermaßen. Eines ist sicher: Viele werden wir auch 2026 wiedersehen. Denn das nächste Rock in Rautheim steht bereits in den Startlöchern. Das Line-up für das kommende Jahr kann sich mehr als sehen lassen! Mit dabei sind:
Burning Witches
Feuerschwanz
Orden Ogan
Visions Of Atlantis
Riot V
Firewind
Eleine
Edge Of Paradise
Grailknights
Victorius
Moonlight Haze
Stereo Start
MH:LK Experience
Terra Atlantica
Early-Bird-Tickets sind ab sofort für 73,33 € erhältlich, ermäßigte Tickets gibt es bereits für 33 €.
Also: Sagt es weiter, bringt Freunde mit – wir sehen uns bei Rock in Rautheim 2026!
Alle Infos unter https://www.rock-in-rautheim.de/