Remmidemmi in der Swiss Life Hall
Es ist 20.20 Uhr. 5000 Feierwütige füllen die ausverkaufte Swiss Life Hall. Menschen in pinken Netzhemden, schrillen bunten Kostümen und Shirts auf denen Ausrufe wie Remmidemmi, LadadiLadada, oder Leider geil stehen, manche ausgerüstet mit Sonnenbrillen. Man erkennt sofort: Das sind Deichkind-Fans. Unter ihnen heute sogar ein riesiges Plüschschaf. Dann geht das Licht aus.
Die Menge grölt. Der Deichkind-Schriftzug erscheint in weiß auf der schwarzen Leinwand. Ein Film startet. Natur-Impressionen. Sanftmütig. Ruhig. Irritierend zunächst, bis einem klar wird: Natürlich brauchen wir am Anfang eines Deichkind-Konzerts die Ruhe, Eleganz und Gelassenheit: Um sie anschließend so richtig schön zerstören und abfeiern zu können! Niveau weshalb warum?
Zum Sound von So ne Musik stürmen Philip, Sebastian und Sascha alias Kryptik Joe, Porky und Ferris Hilton die Bühne und geben sofort Vollgas.
Gleich hinterher schmettern Sie ihrem Partyvolk Denken Sie groß, die zweite Single ihres neuen Albums, um die Ohren und visualisieren dabei den Appell im Liedtitel, indem sie statt einfachen Hüten, gigantische Gehirne auf den Köpfen spazieren tragen. Ach wie haben wir die Crew vom Deich und ihre verrückte Welt doch vermisst! Mithilfe von blinkenden Accessoires, umherfahrenden Bühnenelementen, den unverwechselbaren Pyramiden-Köpfen und vielen weiteren frischen Ideen verwandeln sie die riesige Swiss Life Hall in kurzer Zeit in ihren persönlichen Spielplatz. Bei ihren eigentümlichen Choreografien, bei denen sie unter anderem zu Bück dich hoch mit Bürostühlen über die Bühne rollen, werden sie zum Teil von weiteren Mitgliedern ihrer Crew unterstützt.
Natürlich darf auch der ausgiebige Einbezug des Publikums bei einem Deichkindkonzert nicht fehlen: Nachdem die Drei ihre Fans passend zum Naschfuchs schon mal mit Süßigkeiten gefügig gemacht haben, die sie á la Karneval in die Menge werfen, starten sie kurz darauf eine Polonäse durchs Publikum während ein silberner Ballon mit dem Schriftzug Leider geil über den Köpfen des Partyvolks hinwegschwebt. Als sie schließlich ihre neueste Single Like mich am Arsch performen, mit der sie gewisse soziale Netzwerke auf die Schippe nehmen, hat es nun auch endlich das Plüschschaf auf die Bühne geschafft, das sich Ferris spontan gegriffen und unter den Arm geklemmt hat.
Als das gute alte Gummiboot in See sticht, mit dem diesmal ein Crewmitglied, von der Menge getragen, durch den Saal „rudern“ darf und Neuinterpretationen der Deichkind-Klassiker Prost und Limit gespielt werden, die sie teilweise mit Samples fremder Künstler untermalen, ahnt man: Wir nähern uns dem Ende.
Bis zum nächsten Mal, Hannover! Licht aus. Ruhe jetzt. Zumindest so lange bis ohrenbetäubend laute „Zugabe“-Rufe die Halle beben lassen.
Das lassen sich Kryptik Joe, Porky und Ferris dann auch nicht nehmen:
Ab geht die Post ein letztes Mal und wir schließen richtig schön laut und heftig mit ordentlich Remmidemmi, einem Haufen weißer Federn, die durch die Luft fliegen und 5000 durchgeschwitzten, glücklichen Fans.
Bericht von Nicolai Paasch
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