Einen fulminanten Abschluss gaben COPPELIUS ihrer Clubbühnenabstinenzankündigungskonzertreise 2016 am 29.12. in Berlin. Nachdem das Konzert bereits vom kleineren Club Lido in das Columbia Theater verlegt werden musste, wird es dann vor Ort schnell recht kuschelig, und das Fassungsvermögen von ca. 800 Personen dürfte wohl ganz ausgeschöpft worden sein. So können die Herren von COPPELIUS vor einem gebührend gefüllten Auditorium zum vorerst letzten Mal ihr virtuoses und abwechslungsreiches Bühnenprogramm zum Besten geben. Bereits eine Woche zuvor war leider der Opening Act, Autor Christian von Aster, krankheitsbedingt ausgefallen. So beginnt die Show an diesem Abend nach einer verlängerten Wartezeit von ca. 1,5 Stunden. Dafür wird das Publikum dann dann aber mehr als entschädigt.
Wie den meisten ja bekannt sein dürfte, gibt es bei den Auftritten von COPPELIUS nicht nur ordentlich was auf die Ohren, sondern vor allem auch was fürs Auge. Da es sich hier nun um ein Abschiedskonzert handelt, das für die Berliner auch noch ein Heimspiel ist, wird natürlich vom gesamten Repertoire der Bespaßungen Gebrauch gemacht, weshalb sich das insgesamt 3 Stunden (!) lange Set am Ende mal wieder viel zu kurz anfühlt. Butler Bastille steigt mal wieder im fast Jeans-zerreissenden Spagat von der Bühne auf den Wellenbrecher, um den in den ersten Reihen versammelten Fanatikern einen Aperitif in Form von Sekt anzubieten. Wo früher noch die Gläser verteilt wurden fließt der Schampus heutzutage dekadent direkt aus der Flasche. Im Laufe des Abends geht dann auch der ein oder andere Herr im Publikum verloren und taucht nach einer Weile wieder auf. Was dazwischen geschieht wird wohl ein Geheimnis bleiben.
Unserer Gast-Schreiberin, die zuvor noch nicht mit COPPELIUS vertraut war, fällt vor allem der Bezug auf E.T.A. Hoffmann auf, sowie die theatralische Darstellung, die durchaus auch auf die Bühne der Komischen Oper in Berlin gepasst hätte. Auch dass sich eine Band beim Headbangen Unterstützung aus dem Publikum auf die Bühne holt, hat man noch nicht allzu oft gesehen. Am Beeindruckendsten sind allerdings Butler Bastilles sympathische und kurzweilige Moderationen, die die Menge in ihren Bann ziehen und es fast unmöglich machen, während des stundenlangen Sets auch nur kurz vom Schmunzeln abzulassen. Und auch denjenigen, die die Band nun schon über Jahre hinweg begleiten fällt auf, dass sich Bastille zu einer echten Rampensau entwickelt hat, wenn er es nicht schon immer war.
Einer der Höhepunkte des Abends ist dann die kreative Spendenaktion, zu der die Band aufruft. Wofür genau gespendet wird bleibt recht vage, aber dass es sich um Kinder und Musik dreht ist schon klar. Damit der geneigte Spender auch etwas für sein Geld zurückerhält bieten COPPELIUS dann das Einzige an, was sie außer guter Musik und Bühnenshow noch zu bieten haben: Nackte Haut! Der Deal: Max Coppella zieht sich (obenrum) aus, wenn fleißig Geld gespendet wird. Und er tut es! Da er zwischendurch auch noch spielen muss, denn das Ganze passiert während die Band einen Song zum Besten gibt, ist das Ergebnis zwar eher hektisch und erinnert ein wenig an Slapstick, der gespendete Betrag, der in Form von Bargeld und Unterhosen auf die Bühne herabregnet, kann sich am Ende aber wohl sehen lassen.
Der musikalische Aspekt sei an dieser Stelle aber auch nicht unterschlagen. Die Setlist des Abends liest sich ein wenig wie ein Best-of der coppelianischen Bandgeschichte und besticht vor allem durch die Stücke „Habgier“, „Der Advokat“, „Mitten ins Herz“, „Locked Out“, „To My Creator“, „Reichtum“, „Risiko“ und natürlich „I Get Used To It“. Mit diesem letzten Song geht dann nach rund dreistündiger Show und zahlreichen Intermezzi ein wahrhaft legendärer Konzertabend zu Ende. Dass es sich dabei um die letzte Clubshow vor der Pause handelt hinterlässt einen leicht bittersüßen Nachgeschmack. Doch auch wenn die Werbetrommel bisher recht wenig gerührt wird, so geht es mit COPPELIUS doch bald weiter. Bereits im April sind 5 Konzerte im Musiktheater im Revier Gelsenkirchen angesetzt, allerdings in Form eines musikalischen Crossovers von Coppelius & Tom Waits. Man darf gespannt sein.
Ruth D’Souza und Angela