MTV Unplugged ist immer eine beschauliche Künstlerdarstellung, in der viel Wert auf Gemütlichkeit und klassisch arrangierten Songs gelegt wird, meist bestuhlt und mit bösen Blicken zu denen, die Party machen wollen. In der ausverkauften Swisslife Hall in Hannover mit 5000 Menschen am 14. Dezember 2017 wäre diese Einstellung jedoch komplett falsch gewesen.
Das Intro der Band über 15 Minuten ist beschaulich. Alle Künstler nutzen die Gelegenheit, ihr Können unter Beweis zu stellen. Jeder der Musiker hat sichtlich Freude an den zahlreichen Zuhörern. Patricia Mwaura bringt es auf den Punkt: „We need love in this World“, und wird gleich von Tamika Otto mit den Worten: „I’m still in love“, ergänzt. Schon bevor Gentleman die Bühne betritt, geht sein Reggae-Sound durch den Kopf, in die Knie bis in die Füße. Die Energie beginnt zu fließen.
Erst nach dieser Einleitung kommt er selbst auf die Bühne und ist schon während der ersten Songs komplett entfesselt. Noch mit Jacke bekleidet, geht er auf die Lautsprecherboxen, die vor der Bühne stehen, und springt von einer zur nächsten. Er feiert den zweiten Song auf der Absperrungstraverse, ins Publikum geneigt, mit seinen Fans den Song Uprising. Danach muss die Jacke weg, viel zu heiß ist es in der in der Halle. Mit 5000 Fans ist die Swisslife Hall auch richtig voll. Alle tanzen, und es gibt nur wenige Verschnaufpausen. Eine von diesen ist die Battle zwischen Martin Jondo und Tilmann Otto alias Gentleman – zumindest für jeweils eine der beiden Hallenseiten. Die beiden jubeln mit dem Publikum jeweils auf einer Seite der Halle und singen, bis keine von beiden als wirklicher Gewinner ausgemacht werden kann.
Als die Party im vollen Gange ist, hält die ganze Truppe zum Song Imperfection kurz die Luft an. Ein Freeze, der wirklich durchgehalten wird, stellt sich dem Jubel der Fans. Keiner der Musiker bewegt sich. Der Erste, der aufgibt, ist Gentleman selbst. Eine gelungene Einlage. Party on.
Gentleman mit Freunden!
Neben Matin Jondo, Patricia Mwaura und Tamika Otto gibt es noch die kräftigen Stimmen von Daddy Rings und Ky-Mani Marley, dem Sohn von Bob Marley. Gentleman überlässt den Soloparts komplett die Bühne und zeigt, dass ihm die Musik wichtiger ist als die eigene Bühnenverwirklichung. Irgendwo zwischen Wohnzimmeratmosphäre und Riesenparty hat sich die Swisslife Hall inzwischen eingependelt.
Erstaunlich publikumsnah und unerschöpflich geht die Party weiter. Mal werden alle aufgefordert zu springen, mal gibt es ein Sternenmeer von Handylampen. Auch ein wirkliches Ende der Show ist nicht in Sicht, obwohl schon eine Menge Songs ins Hirn geschwappt sind. Sie animieren immer wieder zum Mittanzen und liefern ein unbeschreibliches Gute-Laune-Gefühl.
Doch auch so ein Abend findet sein Ende. Zum Start des Zugabensets mit den Songs Dem Gone und Superior soll die Show zu Ende gehen. Nicht aber, bevor Gentleman überraschend von der Absperrung vor der Bühne ins Publikum springt. Er beginnt eine weit ausgedehnte Wanderschaft bis in die Hallenmitte durch ein Handymeer und kommt unbeschadet zum Ende des Songs Superior wieder auf der Bühne an. Zweieinhalb Stunden feiern der Künstler, die Band und das Publikum eine ausgelassene Party. Diese endet erst in dem Redemption Song, mit dem sich Gentleman eine Hommage auf Bob Marley leistet. Alle Künstler stehen Arm in Arm und verabschieden das gut gelaunte Publikum mit einem echten, garantiert nicht Weed geschuldetem, Lächeln.
Setlist:
We Need Love
Is This Love
Black Woman
You are all that Matters
Still Around
I’m Still in Love
Intro
Uprising
Red Town
Journey
Different Places
To the Top
Rainy Days
Rainbow Warrior
Changes
Intoxication
Imperfection
Dunns River Falls
Chat & Gwaan Bad
Espionage
Happiness
Fire
Mama
Tranquility
it no Pretty
Ina different Time
Caan Hold us Down
Ganjapipe
Composure
Rumours / The Whiff
In the Streets
Warn Dem
Overload
Leave us Alone
Dem Gone
Superior
Redemption Song