Laszive Rockshow – Jennifer Rostock bringt Swiss-Life Hall zum beben!

Das diese Show ein kleiner Superlativ werden musste stand schon lange vor dem 23. Februar fest. Das Interesse an Karten war so enorm, dass das ursprüngliche Kartenkontingent von 1000 Karten aufgestockt wurde und schlussendlich die dreifache Anzahl Karten an den Fan gebracht werden konnte. Natürlich ging das Ganze auch mit einer Verlegung der Location einher: Das Capitol ist zu klein, weshalb auf die Swiss Life Hall zurückgegriffen wurde. Der Vorteil an so viel Platz liegt auf der Hand, da plötzlich räumliche Möglichkeiten geschaffen sind, die aus der Show ein unvergleichliches Erlebnis machten.

Zugegeben, der Autor dieses Berichtes hatte keine Ahnung, was Ihn erwarten würde. Weder kannte er bis dato eine Liveshow von Jennifer Rostock oder Jupiter Jones, der Vorband, noch hatte er sich aktiv mit der Band auseinandergesetzt. Zumindest die Antipathie gegen die AfD und alles was noch weiter rechts davon steht war bekannt. Bei stürmischem Wetter reihten wir uns also in die Einlasskontrolle ein und waren froh, den nasskalten Sturm durch die gemütliche Atmosphäre, so gemütlich eine Halle der Größenordnung eben sein kann, der Swiss-Life Hall tauschen zu können. Zeitnah begannen dann die vier Jungs von Jupiter Jones das überwiegend weibliche Publikum zu verzaubern. Schon hier präsentierte sich Hannover überaus textsicher und laut. Die gute Stimmung war also ab der ersten Sekunde vorhanden und sollte auch bis zum letzten Ton an diesem Abend anhalten. Routiniert, immerhin waren die beiden Bands zu dieser Tour schon zusammen in Berlin und vielen anderen deutschen Städten unterwegs, spielen Sven Lauer und seine Jungs ihre Songs.

Weil ich es aber schon immer mal Schreiben wollte: Was dann kam hat mich total umgehauen!

Zwischenzeitig scheinen noch ein paar Nachzügler den Weg in die Halle gefunden zu haben um ab dem ersten Song, „Baukräne“, voll abzugehen. „KBAG“ trift da auf mich schon nicht mehr zu, ist mir doch schon nach knapp vier Minuten bewusst, dass in mir gerade ein neuer Fan von Jennifer Rostock hervorbricht. So viel Power, so viel Energie hätte ich definitiv nicht erwartet, kenne ich doch eher das fast schon Klischeeerfüllende Credo für eine erfolgreiche Metal- / Rockband. Doro Pesch hat erfolgreich vorgemacht, wie man mit Female-frontend, Anzüglichkeiten und nackter Haut im richtigen Mischungsverhältnis, viel Bier für das Publikum und einer Message in einigen der Texten große Shows spielt. Zum Klischee gehört dann aber auch das üblicherweise überwiegend Männer, im Alter von PlusMinus zehn Jahren zum Alter der Sängerin, der Frontfrau hinterherlechzen. Lange Rede, kurzer Sinn: das Publikum passt nicht in dieses Konzept. Trotz übermäßigem Gebrauch sexueller Anspielungen quer über die Show verteilt sind es überwiegend junge Frauen die mit kaum weniger Energie als Jennifers die Songs mitsingen. Auch die Message in einigen Texten muss keine selbsterfüllende Prophezeiung sein, wenn nicht gerade zufällig jeder einzelne Song eine Message beinhaltet. Ein bekannter Youtuber (irgendwas mit Kurvendiskussion im Namen) sagte kürzlich in einem seiner Videos Rock / Metal sei höchst unpolitisch zu betrachten, was angesichts der Lieder, die Jennifer Rostock dem kochendem Publikum gerade entgegenschreit wie ein schlechter Witz klingt.

Zur Halbzeit werden bei vielen Konzerten üblicherweise die Lichter auf der Bühne gedimmt. Oft werden Stühle oder gar Sessel auf die Bühne gebracht und für zwei, drei Songs wird zu Schmusesongs durchgeatmet, ganz egal wie hart die Band sonst auch sein mag. Bei Jennifer Rostock geht das Licht einfach komplett aus. Zu einem Instrumentalstück an den Drums verlassen Jennifer, Alex und Christoph die Bühne, um von vielen unbemerkt am Rande des Publikums vorbeizulaufen. Ihr Ziel ist der Technikbereich kurz vor der Tribüne der Swiss-Life Hall. In der Halle bleibt es dunkel, auf der Bühne bewegt sich nichts aber Irgendwo anders erfüllt die Halle. Die Spots welche ihre Lichtkegel bisher durch das Publikum haben tanzen lassen erhellen nun die Technik während Jennifer die letzte Strophe in Ihr Mikrophon haucht. Das Hallenlicht geht an und Jennifer ruft „Huhu, hier hinten. Wir haben die Technik zu unserer Bühne gemacht“. Die Idee ist Großartig. Plötzlich stehen jene, die einer Show eher gemütlich am Absperrzaun lehnend und mit einem Bier in der Hand folgen, in allererster Reihe. Von hier wird dann noch „Jenga“ gespielt, ehe es von der Security eiligst begleitet, wieder auf die große Bühne geht um „Neider machen Leute“ durch die Anlage zu boxen. An dieser Stelle dann nochmal liebe Grüße an den Youtuber, nutzt Jennifer die Zeit zwischen den Songs um unter tosendem Jubel auf den kommenden September hinzuweisen. Von Politikverdrossenheit kann hier definitiv keine Rede sein, wenn explizit auf die Bundestagswahl hingewiesen wird. Ohne Einfluss zu nehmen und eine bestimmte Partei zu nennen wird das Publikum gebeten das Kreuz an der richtigen(!) Stelle zu machen. Hier muss ich anerkennend feststellen, dass keine Partei direkt genannt wird und jeder sein eigenes „richtig“ finden soll. Nur so viel ist wichtig: „Keine Stimme den Rassisten.“ Mit „Feuer“ scheint die Show dann erst richtig zu beginnen. Die PA erklingt lauter, die Show wird aggressiver und das Publikum gleicht einem Hexenkessel als „Ein Schmerz und eine Kehle“ erklingt. Bei dem Song wird um einen riesigen Circlepit vor der Bühne gebeten. Zuerst wurde daraus zwar eine Wall of Death und Jennifer stoppte den Song um das Publikum nochmal zu instruieren. Wirklich genial wurde es aber erst, als Alex mit Gitarre mitten ins Publikum springt und inmitten des gewaltigen Circlepits den Rest des Liedes spielt. Ohne Unterbrechung geht es weiter mit „Deiche“ nur um danach anzukündigen, dass mit „Wir waren hier“ die Zeit für den letzten Song des Abends gekommen ist.

Unter lauten Zugaberufen lässt die Band das Publikum noch ein paar Minuten zappeln ehe unter frenetischem Jubel „Wir sind alle nicht von hier“ die Zugabe einleitet wird. Weiter geht es mit „Schlaflos“ und „Es war nicht alles schlecht“. So schnell die Zugabe gespielt ist, solange wird sich beim Publikum bedankt, ehe das Licht auf der Bühne erlischt. So beginnt sich jeder seinen Weg aus der Halle zu bahnen, die Treppen zwischen den Stufen hinauf. Da nimmt nicht jeder die zwei Taschenlampen wahr, in deren Lichtkegel Jennifer, flankiert von vier Jungs der Stagecrew, wieder zur Technik sprintet.

„Hallo Hannover, noch ist nicht Schluss. Hier ist für euch Hengstin“. Nochmalig wird die Technik zur Bühne. Diesmal hat Jennifer aber den Platz für sich alleine, sodass es auf beiden Bühnen etwas zu sehen gibt. Was für ein Finale für diesen superstürmischen, superklasse Abend in der Swiss-Life Hall.

(DS)