Alle Fotos (c) Birger Tremer
Das erste Türchen im Adventskalender wartet meiste mit einem winzigen Stückchen Schokolade auf. Wenn es hochkommt und man Glück hat, findet man noch eine Handvoll Nüsse. Doch in Hamburg entpuppt sich die Tür am 1.12. als riesiges Portal zur Apokalypse, das sich direkt in der Alsterdorfer Sporthalle öffnet. Als Geleit zum Armageddon stehen vier diabolische Gefährten in den Startlöchern denn zu „The European Apocalypse“ Tour rufen Kreator, Dimmu Borgir, Hatebreed und Bloodbath.
Die Alsterdorfer Sporthalle ist relaxt gefüllt. Sprich die Tribünen sind nur halb geöffnet und man kann entspannt ganz nach vorn spazieren und wieder zurück. Doch der Einlass um 17 Uhr ist eben auch für einen Samstag recht zeitig. Die Schlange an der Bar ist fast nicht vorhanden. Vielleicht liegt das an den Pfandpreisen von 3.- eur pro Becher. Doch wen wundert es, ist doch jeder einzelne mit aufwendigem Bandprint bedruckt.
Punkt 18 Uhr fällt dann der Vorhang für den ersten Act des Abends. Bloodbath aus Schweden bitten um Aufmerksamkeit mit einem Intro, das von Fliegen gesummt wird. Man erinnert sich sofort an einen heißen Sommer zurück mit viel Schweiß und Fliegen (oder an Texas Chainsaw Massacre). Das Intro schwenkt in eine Sirene über bevor das Schlagzeug zu vibrieren beginnt. Passend zum Intro startet „Fleischmann“ und obwohl die Halle noch nicht voll ist bricht ein Inferno aus. Die Bühne ist in rotes Licht getaucht. Nach „Let The Stillborn Come To Me“ wendet sich Sänger Nick Holmes, dessen Anzug ziemlich verstaubt aussieht, an die Menge die stetig wächst. Er begrüßt die Zuschauer bevor es mit einem halsbrecherischen „So You Die“ weitergeht. Und der Songtitel ist hier Programm: der Bass steigert sich immer weiter, bis mit einem „Plopp“ die Lautsprecher ausfallen. Schlagzeuger Martin Axenrot drischt unbeirrt weiter auf seine Drums ein und die restlichen Musiker zeigen zwar Verwirrung, machen aber auch weiter bis zum Ende des Songs. Doch leider besteht das technische Problem nach wie vor. Eine kurze Zwangspause entsteht, während der die Band die Bühne verlässt. Nach ungefähr 10 Minuten betritt die Band unter großem Jubel erneut die Bühne und starten mit „Outnumbering“ – allerdings funktioniert das Mikro erst nach einigen Sekunden Verzögerung wieder. Der letzte Song „Eaten“ erklingt wieder sehr basslastig und fast keimt die Befürchtung, es könne einen erneuten Ausfall geben. Doch zum Glück bleibt das erspart und Bloodbath legen einen fulminanten Abgang hin.
Alle Fotos (c) Birger Tremer
Nach der Umbaupause ist es Zeit für eine Band, die es seit vielen Jahren versteht Metal mit Hardcore und einer Prise Punk gekonnt zu mischen. Mit einem Einspieler von „Rock N Roll All Night“ von Kiss erscheinen Hatebreed hochmotiviert im Rampenlicht. Gnadenlos brettern die Jungs aus US mit „To The Treshold“ los. Die Masse bebt und bewegt sich bei „As Diehard As They Come“ und „Looking Down The Barrel Of Today“. Und schon passen Hatebreed perfekt in das Line Up dieser Tour. Der Sound ist gewaltig, doch anscheinend etwas zu gewaltig denn bei „Live For This“ gibt es einen erneuten Tonausfall. Doch das tut der Stimmung keinen Abbruch, das Publikum singt lauthals für Sänger Jamey Jasta weiter. Dieses mal dauert der Ausfall nicht lange und nahtlos steigt Jamey wieder ein als die Lautsprecher gehen und das Publikum das „Mikro“ wieder an ihn abgibt.
Die Stimmung kocht und ein gigantischer Circle Pit um das Mischpult, der fast durch die gesamte Halle reicht, bricht aus. „Hatebreed is ready to fucking party tonight! Nobody stands still!“ stachelt Jamey die Menge weiter an.
Bevor der Klassiker „I Will Be Heard“ startet verkünden Hatebreed „It’s like a dream to play with Kreator.“ Zu guter Letzt darf auch nicht „Destroy Everything“ fehlen, der die Show galant abschließt. Glücklicherweise wird hier der Songtitel nicht zum Motto, sonst stünde die Sporthalle wahrscheinlich nicht mehr.
Nun wird es Zeit für etwas Dunkelheit. Dimmu Borgir stehen bevor. Atmosphärisch erklingen die ersten Töne von „The Unveiling“ und unheilverkündend geht die Band über zu „Interdimensional Summit“. Fast andächtig lauschen die Fans den Songs und wie ein dunkler Hohepriester dirigiert Sänger Shagrath die Menge, die an seinen Lippen hängt. Das überwiegend grell weiße Licht zeichnet seine Silhouette ab und lässt ihn fast unwirklich erscheinen. Die große Kapuze aus der die langen Haare hervorquellen und die weit geschnittenen Ärmel seines Mantels, die er oft waagerecht von sich streckt, verleihen ihm ein diabolisches Erscheinungsbild.
Die Drums und Saiteninstrumente schmettern bei „The Chosen Legacy“ in schwindelerregender Geschwindigkeit. Ein Hit wie „The Serpentine Offering“ jagt den nächsten mit „Gateways“. Lediglich ein einzelner waghalsiger Crowdsurfer wagt sich über die Menge, danach bleibt es ruhig und eher andächtig verfolgen die Zuschauer die theatralische Show. Auch in den vorderen Reihen ist es erstaunlich relaxt. Selbstverständlich beinhaltet die Setlist viele Songs des aktuellen Albums „Eonian“, doch auch die anderen Alben kommen nicht zu kurz. Mit einem guten Best Of bieten Dimmu Borgir einen guten Rundumschlag für eine recht kurze Spielzeit von 11 Songs.
Zur Frage „Are you ready for the apocalypse?“ kann man nur sagen: Manche ja manche nein. Bei manchen schien die Apokalypse bereits rüber gefegt zu sein. Das Programm war bis dahin aber auch schweißtreibend. Das Pfandsystem hat versagt (oder gesiegt, wie man es nimmt…): alle Becher mit Banddruck sind weg und das trotz der 3.- eur Pfand.
Zeit für die deutschen Trash-Titanen von Kreator. Völlig unerwartet für solch eine Band feuern Kreator Fontänen von weißem und rotem Konfetti in die Halle. Dazu erhellen hohe Feuersäulen die Gesichter, die zur Bühne starren. Was für ein überwältigender Auftakt zum ersten Song „Enemy Of God“. Die Band macht ihren Ruf alle Ehre. Sound und Lichtshow sind von überragender Qualität und nach „Hail To The Hordes“ folgt „Awakening Of The Gods“. Die hochmotivierten Musiker prügeln die Fans durch eine Setlist die etwas mehr von dem Album“Gods Of Violence“ enthält, sonst aber eine gute Bandbreite ihrer Werke präsentiert. Was bei dem einen „Phantom Antichrist“ der Favorit ist, stellt bei dem anderen „Hordes Of The Chaos“ das Lieblingsstück dar. Einig sind sich jedoch alle: live ist alles von Kreator gewaltig. Mit einem Konzertbesuch kann man hier nichts falsch machen. Die Partylaune ist groß und feuchtfröhlich wild, aber doch gediegen geht es weiter.
So geht ein äußerst vielfältiger Abend zu Ende. Das genreübergreifende Programm ging auf, alles passte (abgesehen von den Ausfällen) und die Fans konnten zufrieden nach Hause. Würde der Adventskalender jetzt nur jeden Tag so weitergehen…
(MS)