Zweck ist widerstandslos

Aller Anfang ist schwer. Speziell in Hamburg einen Parkplatz in der Nähe der Großen Freiheit 36 zu finden… mit einem Wohnmobil. Dennoch schaffen wir (musikmag.de) es, pünktlich da zu sein. Das Knorkator es derzeit mühelos schaffen, Hallen wie die Große Freiheit 36 oder das Capitol Hannover und einige weitere Hallen auszuverkaufen, obwohl sie häufig und ausgedehnt unterwegs sind, verwundert. Eine Begründung ist sicherlich die Präsenz der neuen Scheibe „Widerstand ist Zwecklos“ in den sozialen Medien. Eine andere Erklärung könnten die zahlreichen Auftritte auf Festivals geben, die derart gut besucht sind, dass viele Fans die Band auch exklusiv in einem Club-Konzert erleben möchten. Performance und Können der Knorkators zählen selbstverständlich ebenso dazu.

Vor der Show läuft auf einer Leinwand ein kleiner Film, in dem Musiker wie Elvis Presley, Rammstein oder Bruce Springsteen von der Band nachvertont wurden. Mal im Disco Fox Style, mal einfach nur schräg und falsch. Die ersten Lacher setzen sich im Publikum durch. Sehr früh, zu 19.30 Uhr, beginnt dann die Show. Später werden wir noch aufgeklärt, dass samstags in der Großen Freiheit die Disco pünktlich beginnen muss. Sportliches Programm für 25 Songs und Showeinlagen, die ihres gleichen suchen.

Gleich zum Start nach dem Intro legt die Band los und Absolution und Du nicht folgen. Schon jetzt gehen die Fans voll mit. Beim gleichnamigen Song fliegen tatsächlich Tüten mit Buchstabensuppe auf die Bühne, die Stumpen gekonnt wieder ins Publikum kickt. Große Knalleffekte braucht die Band nicht, das Publikum feiert einfach eine Party mit der Band. Konfetti wirft Stumpen aus einem kleinen Eimer über die Bandkollegen bei der Vorstellung selbiger. Verrückte Ideen hat diese Band beim Song Hardcore, der wie immer im Discosound und langsam gespielt wird: Stumpen z.B. hat einen Helm aus einer halben Discokugel auf. Mit der Kopfbedeckung zaubert er eine manuelle pinke Lichtshow.

Immer wieder bemerkenswert ist bei Knorkator das Zusammenspiel zwischen dem Publikum und der Band. Als neues Schmankerl für diese „Zweck ist widerstandlos“ Tour ist das Publikumskeyboard. Dazu holt sich Stumpen zwei weibliche gleichgroße Fans auf die Bühne. Diese müssen sich hinhocken und bekommen ein Keyboard auf den Kopf gesetzt. So gebunden müssen sie Alfs Spiel den ganzen Song Hasse Musik durchhalten. Über Stumpens Rückenbrücke verlassen die beiden die Bühne über den Graben und springen in die Menge. Dieser Crowdsurf-Ritt ist noch nicht zu ende. Sie werden von Stumpen angezählt und sollen auf 4 hochgeworfen werden, das klappt aber erst richtig beim vierten Versuch. Darauf folgt der Song Krieg in dem Alf zum Schluss sein Keyboard am Pult zerstört.

Heute möchten wir extra die gut funktionierende Security Crew aus der Großen Freiheit erwähnen. Immer präsent, aber auch immer zuvorkommend und freundlich. So ziehen sie die Crowdsurfer über die Absperrung oder reichen Wasser in den ersten Reihen. Vorbildlich dezent.

Als Stumpen im Glitzer-Minirock den Weg nach unten anstimmt, steigt der Publikumschor voll ein. So lässt sich die Band dazu hinreißen, dass Publikum den Song allein beenden zu lassen.

Ausgedehntes Lob spricht es von der Bühne herab. Rostock war schon gut, Hamburg ist aber besser. Mal sehen wie Hannover wird. Durchgeschwitzte Menschen und Musiker, denen das Wasser förmlich in die Ritze läuft… Die Große Freiheit 36 kocht bei 5 Grad Außentemperatur. Stumpen hat sich quasi schon komplett entblößt und zeigt seinen komplett tätowierten Körper. Doch zum Song Fans packt er noch eine Schippe drauf. Eine Vagina im Schritt seiner knappen Latexhose bangt beim Song hervor. Gewagt, aber das ist die Show schon immer gewesen. Crowdsurfer und Moshpits wechseln sich in der Zwischenzeit lustig ab. Es folgt ein Gitarrensolo und eine Textpassage aus Nenas 99 Luftballons im Song Sterben. Das Publikum soll das Sterben aber vertreiben, in dem Stumpen sie dazu auffordert: „Hamburger holt tief Luft und singt Tooooooooooooooood“.

Kleinkunst oder Gedicht?

Das Gedicht von Alf vorgetragen ist Sex im Zwiegespräch mit Stumpen. Hans der arme … Rektaler Schmerz.

Plateauschuhe von Alf oder Plüsch Flip Flops von Stumpen. Diese Kreativität ist auch ein Grund, warum diese Band so angesagt ist. Leider geht es in die letzte Runde!

Natürlich darf ein Küsschen mit Alf bei Verflucht und zugenäht nicht fehlen, bevor der Abriss der Halle bei Zähne putzen, pullern und ab ins Bett folgt. Wenn es nach den Fans geht, sind diese grade erst warm geworden. Headbanging und Jubel!
War das Ding nun zu kurz? Alf zieht Bastis Gitarrenstecker einfach raus, das war es wirklich?

Hat es euch denn wirklich gut gefallen? Diese alberne Boygroup – Nun aber noch der allerletzte Song und danach ist Disco, zu der doch keiner will…“ ruft Stumpen aus und performt im roten Ganzkörperglitzerkostüm den letzten Song Warum.

Ein kleiner Abschiedstanz der ganzen Band und das Licht geht in der Großen Freiheit 36 an.

Nun wird die Halle recht schnell geleert. Ein wenig schade ist das schon, da die folgende Disco so gar nichts mit dem Konzert zu tun hat. Der Merch wird von vielen Fans belagert, es ist ja bald Weihnachten. Die Band konnte in Hamburg voll überzeugen. Zurufe aus dem Publikum baut die Band immer spontan ein, auch die Fotografin muss auf der Bühne für die Zeitung ein Selfie machen. Es ist genau das Eingehen auf alles, was um die Bühne herum passiert, was Knorkator zu einem unverwechselbaren Erlebnis macht.

Knorkator:

Gesang: Stumpen (Gero Ivers)

Keyboard, Gesang: Alf Ator (Alexander Thomas)

Gitarre: Buzz Dee (Sebastian Baur)

Bass: Rajko Gohlke

Schlagzeug: Nick Aragua

Tracks „Zweck ist widerstandslos“ Tour 2019/20

Absolution
Du nicht
Es kotzt mich an
Ein Wunsch
Revolution
Am Arsch
Alter Mann
Eigentum
Buchstabensuppe
Ring my bell
All that she wants
Ich bin der Boss
Klartext
Hardcore
Ich hasse Musik
Krieg
Rette Sich wer kann
Böse
Weg nach unten
Fans
Wir werden alle sterben
Verflucht und zugenäht
Zähneputzen, pullern und ab ins Bett
Zu kurz
Warum