Hinterhoffestival 2021

Eigentlich, ja eigentlich war dieses sommerliche Event als ein eintägiges Festival geplant, bei dem gleichzeitig eine Vielzahl an Hinterhöfen bespielt werden sollte, so dass Besucher*innen ganz einfach von Hof zu Hof wandern und sich verschiedenste Bands anhören können; Bands auf deren Konzerte sie sonst vielleicht nicht gehen würden. Für die Musiker*innen eine Möglichkeit, sich neues Publikum zu erspielen und in diesen kulturell schwierigen Zeiten etwas zu verdienen. Darüber hinaus sind die Konzertbesucher*innen eingeladen, die kostenlosen Konzerte durch Spenden wertzuschätzen.

Die coronakonforme Version des Hinterhoffestivals hat sich quasi separiert, reduziert und zugleich vervierfacht, denn das Event fand nun mit vier Bands an vier aufeinanderfolgenden Samstagen im Juli/August auf acht hannöverschen Hinterhöfen im Rahmen des Kultursommers 2021 statt. Dafür konnten sich Gastgerber*innen mit ihren Hinterhöfen – unter Zustimmung der Vermieter*innen und Hausgemeinschaften – bewerben und mussten gewährleisten, dass die geltenden Hygiene- und Abstandsregelungen eingehalten werden. An jedem dieser Sonnabende sorgte eine Band in jeweils zwei Hinterhöfen für Festival-Stimmung. Wir haben jeweils einen der Gigs fotografisch begleitet.

Oxana Voytenko Quartett am 31.07. 2021

Wollte man den Nachmittag in der Alten Döhrener Straße mit einem Label versehen, so könnte man die jazzige Atmosphäre mit »Deko-Banksy meets Buxbaum – gepflegte Musik auf gepflegtem Rasen« apostrophieren. Zu den Gästen zählen die netten Veranstalter*innen, Mietparteien und Hausbewohner*innen des Südstadthofs. Hier intoniert das Oxana Voytenko Quartett Stücke wie »Fly me to the moon« und eröffnete damit an einem stürmisch-sonnigen Nachmittag.

 

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Alicia Cibola am 07.08.2021

Blues auf der Bienenblumenwiese. Wer hätte gedacht, dass im Schatten des VW-Towers ein Paradiesgarten samt Feigenbaum, Bienenparadies und Brunnen liegt. Alicia Cibola und Band müssen sich an diesem sonnigen Nachmittag aber keinesfalls verstecken. Der Mix aus Soul-, Blues- und Pop schmiegt sich bar- und leichtfüßig ins Grün und inspiriert auch das Publikum, mal alle Viere gerade sein zu lassen. »You ain’t know? Texas women do it bigger« [1]

Übrigens: Alicia Cibola ist am 11. September auf der Sommerbühne im Kulturpalast zu Gast.

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Brazzo Brazzone & The World Brass Ensemble in Linden 14.08.2021

Bunt, bunter, Brazzo. Eine italienische Party in einem preisgekröntes Gartenparadies, versteckt in der Küchengartenstraße. Ein Türmchen, eine Bar, die Bierbänke voll besetzt. Die Combo aus Palermo passt wie »die Popo auf die Aborte« zu diesem Lieblingsort, der weit mehr als die direkte Nachbarschaft anlockt. Incredibile! Obgleich die Gebrüder Brazzone erst zum zweiten Mal in Hannover aufspielen, vermag Trompeter und Bandleader Daniel Brazzone in gebrochenem Deutsch durch die Show zu führen und das Publikum auf eine musikalisch-humoristische Reise mitzunehmen. Als Höhepunkt der Sitztanzparty darf man sicherlich die Einlage von Gastsänger Vito Serra nennen, den die Banda Brazzone in dessen MarktCafé/Linden getroffen und zu einer spontanen Canzone überredet haben soll. Der Hinterhof feiert. La dolce vita.

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Aleksandra Lison Trio 21.08.2021

Kreide, Kita, Kontrabass. Passend zur Uninähe liefert Aleksandra Lison eine musikalische Lehrstunde ab. Zu jedem der Songs in ihrem Repertoire gibt es kleine Infos zur Entstehung oder dem Hintergrund der Stücke. Das Publikum sitzt angetan auf einer Treppe und Klappstühlen in diesem einfach, aber schön gehaltenen Hinterhof. Eine große Stimme kommt aus diesem zarten Mädchen. Das Aleksandra Lison Trio kann man sich auch gut auf dem kleinen Fest im Großen Garten vorstellen. Heute ist’s ein kleines Fest im Moore und damit ein schöner Abschluss für ein gelungenes Kultursommer Hinterhoffestival.

2020 – und somit aus der Not geboren – hatte dieses Format einen ganz besonderen und sehr intimen Charme, der aus dem direkten Kontakt zwischen Bands und Zuhörer*innen, Nachbarschaft und Gästen entstand und im Idealfall die Nachbarschaft innerhalb der Hinterhöfe stärkte – etwas, das gerade in Zeiten von Abstand und Krise eine nicht zu unterschätzende Qualität darstellt. Das Hinterhoffestival 2021 konnte definitiv daran anknüpfen und machte Musik trotz des sicheren Abstands sehr intim erlebbar. Vielleicht kann das feine Fest im nächsten Jahr in seiner ursprünglich geplanten Form stattfinden. Wir sind gespannt.

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[1] Kelly Clarkson – Whole Lotta Woman

Isabelle Hannemann