Metallsuppe ohne Salz

Das Konzert beginnt mit einer Pause. Ein Rauchmelder hinter der Bühne zickt. Das klingt jedoch mitten in der Performance von Aeverium, als gehört die Warnung zur Show: „Das Sicherheitssystem meldet eine technische Störung. Bitte verlassen Sie das Gebäude.“ Das taten die Fans auch. Mit Geduld, Gelassenheit und Humor tankten sie eine halbe Stunde Frischluft – oder auch ein bis zwei Bier in den umliegenden Etablissements rund um den hannöverschen Pavillon, bis sich Feuerwehr und Krankenwagen unverrichteter Dinge angesichts des Fehlalarms verzogen hatten.

Dann ging’s auch schon weiter im Text – und dem Melodic Metal der Kombo aus Viersen. Denen hatte zum Aufwärmen die Neuentdeckung Scarlet Dorn die Bühen bereitet. Das 2017-er Debütalbum der brachialen Newcomer hat übrigens der Herr Chris Harms-Lord höchstselbst produziert. Im Gegenzug verewigt sich die Frontfrau auf dem jüngsten LOTL-Album bei einem Duett ihres musikalischen Ziehvaters.

Der betrat um 21.50 Uhr auch pünktlich das dunkle Gelage und versprach – angesichts der unerwarteten Unterbrechung – Ansagen kurz zu halten, um vom Set nichts kürzen zu müssen. Und so spielten Ihre Lordschaft aus Hamburg viel und sprachen wenig. Sterne sollte es regnen angesichts der „Raining Stars“-Tour, die die Nordlichter noch bis zum 6. Mai durch Deutschland und Österreich führt. Und Lorbeeren. Nämlich für das zweite Konzeptalbum der Band, das Mitte vergangenen Jahres erschien. Mit „Empyrean“ legen Lord of the Lost ein Future-Metal-Epos vor, das munter die Schubladen von Gothic Metal über Prog bis Industrial durchstöbert und deren Inhalte wild durcheinander wirbelt. „Empyrean“ steht in diesem Zusammenhang für eine vermeintlich perfekte Welt, die mit Hoffnung auf Erlösung droht. Harte Industrial-Metal-Attacken zerhämmern die Bühne, filmisch wirkende Düster-Passagen und Prog-Anleihen verbinden sich zu einer Performance, die alles in allem nur wenige Überraschungen parat hält. Es ist die erste Feuerprobe des neuen Gitarristen Pi. Zum Auftakt gibt es Songs vom jüngsten Album auf die Ohren: „Drag me to Hell“, „Miss Machine“, „Interstellar Wars“ und „No Gods, no War“ geben die Marschroute vor.

Keine Frage, die Jungs machen ihr Ding. Recht brachial und monumental. Um später Zeit zu sparen, verzichten sie auf Zugaben-Applaus-Salven und machen einfach mal weiter. Ohne Punkt und Komma und Pause. Wird schon jemand hören wollen. Mit „Raining Stars“ und „Doomsday“ verabschieden sich Ihre Lordschaft. Aber jemand wie „Sisters of Mercy“ oder „69 Eyes“ machen es besser, weil sie viel weniger austauschbar und markanter sind, ihren eigenen Stil pflegen. Und so werden auch die Hannoveraner – über den recht langen Abendus Brachiales – nur langsam warm. Ein freundliches Klatschen hier, ein paar Tanzschritte da. Da hilft auch kein Stage Diving mehr. Denn irgendwie fehlt dem Abend das Salz in der musikalisch-brachialen Suppe der allgemeinen Metalligkeit.

(km)