Für gute zwei Stunden, da kehrte sie ein in die Swiss Life Hall in Hannover: die Melancholie der Großstadt. Zwar brachten Element of Crime erstmal nur ihr neues Album „Schafe, Monster und Mäuse“ mit. Doch mit der Band zogen gleich ein paar Nebelschwaden, der Mief Berlins und ein zauberhafter Weltuntergang durch die niedersächsische Landeshauptstadt. Wollte man dazu Ursachenforschung betreiben, könnte man den Opener des Abends, „Isolation Berlin“ dafür verantwortlich machen, der mit grauen Sommerhits für alle frisch Verliebten zwischen Wut und Melancholie, zwischen Aggression und Poesie den Boden für zwei Stunden Element of Crime bereitete.
Frontmann Sven Regener eröffnete den Abend denn auch mit den ersten drei Songs vom jüngsten Album: „Am ersten Sonntag nach dem Weltuntergang“, gefolgt vom Titelsong und dem vor Ironie strotzenden „Ein Brot und eine Tüte“, der als „banaler und rätselhafter Titel“ angekündigt wird. „Das muss man erstmal hinkriegen.“
Soulballaden, Pubrock, die knarzige Stimme des gebürtigen Bremers Regener, begleitet von Jakob Iljas artrockiger Kaputtgitarre, stolziert die Kombo durch den Abend. Zum Kern der Band zählen zudem David Young (Bass) und Richard Pappik (Schlagzeug); für die Tour verstärkt haben sich die bestens eingespielten Elemente mit Ekki Busch (Akkordeon) und Rainer Theobald (Saxofon). Ein ums andere Mal wechselt Gitarrist Jacob Ilja seine Instrumente. Es soll ja Künstler geben, die tun das bei Konzerten mit ihrer Kleidung. Wie ein Fels in der Brandung tut der Bandgründer am linken Bühnenrand seinen Job, eingerahmt vom Quetschkommode und Saxofon.
Später an diesem Abend, da gibt es dann nicht nur „Karin, Karin“, „Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“, sondern auch alte Hits, Gewissermaßen. „Sind sie melancholisch geworden?“, fragt Regener das Publikum. Er wird die Antwort seiner Trompete überlassen, die fast den ganzen Abend lang seine Begleiterin ist. Ein bisschen Bigband, ein bisschen Schunkeln, ein wenig Chanson. Musik und Text taumeln zusammen in die aufgehende Sonne und stützen sich gegenseitig wie zwei erschöpfte Partygänger nach einer langen Nacht. Einen ganzen Abend lang. Eine Hommage an den Norden, die durfte natürlich auch nicht fehlen: die kernig instrumentierte Bremen-Hymne „Immer da, wo du bist, bin ich nie“ und an die „zweitwichtigste Metropole Niedersachsens Delmenhorst“. „Immer noch Liebe in mir“, das darf als Credo für einen Abend einfach so stehen bleiben, für eine Band, die seit 34 Jahren auf der Bühne und nicht auf Schubladen steht.
(km)