Night of the Proms 2019: Die Erfolgsstory geht weiter

Während auf den Weihnachtsmärkten in der Stadt und im Umland wiederholt Klassiker wie „Last Christmas“ von Wham! oder „Driving Home for Christmas“ von Chris Rea nahezu in Dauerschleife werden, bringt die diesjährige Night of the Proms doch einiges mehr an Abwechslung in die TUI Arena nach Hannover.

Knapp 9.000 Menschen finden in der bestuhlten Arena ihren Platz, wenn man dem Moderator des Abends, Stefan Frech, glauben darf. Von meinem Platz irgendwo ziemlich mittig aus kann ich sehen, dass ich mich mit Anfang 30 definitiv noch in seine Kategorie der „sehr jungen Menschen“ einordnen darf.

Der Altersdurchschnitt scheint an diesem Abend doch um ein paar Jahre höher zu liegen.

Den Abend eröffnen musikalisch das Antwerp Philharmonic Orchestra und die wirklich vom ersten Moment an begeisternde Maestra Alexandra Arrieche. Mit einer komödiantischen Einlage betritt Natalie Choquette die Bühne kostümiert als Figaro. Trotz gebrochenem Fuß wollte es sich diese Ausnahmekünstlerin nicht nehmen lassen, die diesjährige Night of the Proms-Reise anzutreten und ihren Teil zum Erfolg der Veranstaltung beizutragen.

Neben den vielen internationalen Größen des Musikgeschäfts gibt es auch 2019 natürlich wieder Unterstützung aus deutschen Gefilden: mit Leslie Clio konnten die Organisatoren der Night of the Proms eine Sängerin gewinnen, die mit ihrer Ausgelassenheit und Freude an der Musik problemlos auch die hintersten Reihen des Publikums anzustecken vermag. Ihre Hits „My Heart ain’t broken“ und „Couldn’t care less“ perfomt Leslie Clio mit einer Energie, die schnell auf alle Anwesenden übergreift. Dass sie dabei leider stimmlich etwas hinter dem Chor Fine Fleur und den Pretty Vanillas als Background-Sänger*innen zurückbleibt, ist ihrem großen Bewegungsdrang geschuldet.

Für Begeisterung und Lachanfälle sorgt in der nächsten Darbietung wieder Natalie Choquette, die auf der Suche nach einer italienischen Trattoria im Rollstuhl über die Bühne geschoben wird. Zufällig kann Dirigentin Alexandra Arrieche eine passende Möglichkeit zum Speisen für die hungrige Sängerin bieten und schon betritt im nächsten Moment der adrette Kellner mit Rotwein und Spaghetti auch schon die Bühne. Ein kleiner Flirt und die ersten Klänge von „Nessun Dorma“ erklingen. Hier zeigt sich, dass Natalie Choquette alles andere als langweilig ist: während sie mit dem einen Teil der Spaghetti um sich wirft und den anderen gekonnt verspeist, ist ihre Darbietung der Arie von Puccini ein echtes Highlight!

Mit dem Auftritt der Hooters-Gründerväter Eric Bazilian und Rob Hyman verändert sich die Atmosphäre in der TUI Arena merklich. Überall im Saal werden kleine Lichter herausgekramt und zur Musik durch die Luft geschwungen. Das moderne Substitut des Feuerzeugs von vor zig Jahren. Hübsch anzusehen, wenn in einer großen Halle plötzlich überall bunte Lampen aufblinken und irgendwie rhythmisch wippen. Die Performance von „One of us“ ist mein persönliches Highlight des Abends. Der Song, halb im Original und halb auf Deutsch performt, wird vom Publikum dankend angenommen. Unterstützt von der Band Backbone und dem gesamten Musik-Ensemble auf der Bühne liefern die Hooters ein echtes Klangerlebnis ab, das selbst mir Gänsehaut beschert.

Zu den einleitenden Tönen zum Song „Johnny B.“ der Blockflöte erheben sich die 9.000 Besucher geschlossen von ihren Plätzen und im Innenraum wird sogar das eine oder andere Tanzbein geschwungen. Auch auf den Rängen gibt es Tanzversuche, auf Grund des Platzmangels aber eher zaghaft.

Klanglich ein Umschwung, atmosphärisch und auch musikalisch aber einfach perfekt inszeniert, bringt das Antwerp Philharmonic Orchestra mit „Schwanensee“ und Ravels „Bolero“ die Klassik wieder zurück auf die Bühne.

Bevor Natalie Choquette mit einer spaßigen Version des russischen Volksliedes „Kalinka“ die Zuschauer zum Schmunzeln und mit dem „Ave Maria“ zum Träumen bringt, hat der Chor Fine Fleur noch einen beeindruckenden Auftritt. Unterstützt durch Großaufnahmen der Säger*innen auf den Videoleinwänden gibt der Chor seine Interpretation von „Someone you loved“ als Kanon zum Besten.

Vor der Pause bringen noch Al McKay und seine Earth, Wind and Fire Experience mit ihren Songs den Groove nach Hannover. Vor allem „Boogie Wonderland“ lässt die Halle wieder an Schwung gewinnen und kaum ein Zuschauer kann sich auf dem Sitzplatz halten. Selbst die Musiker*innen des Orchesters unter der Leitung von Alexandra Arrieche bieten eine Choreografie, die den anderen Künstlern in nichts nachsteht.

Nach der Pause trifft Justin Timberlake musikalisch auf Johann Sebastian Bach: Zum Text von „Cry me a River“ vorgetragen durch den Chor Fine Fleur mischen sich klassische Töne des Antwerp Philharmonic Orchestra. Zum ersten Mal an diesem Abend kann man auch das Können der Tänzer*innen von Let’s go Urban aus Antwerpen bewundern. Mit ihrer Tanzperformance irgendwo zwischen Klassik und Contemporary verdeutlichen sie die musikalische Liaison für alle Anwesenden auch optisch.

Stefan Frech ruft im anschließenden Teaser Mut und Freundschaft als Thema des Abends aus und kündigt so den gemeinsamen Auftritt von Natalie Choquette und John Miles mit „Don’t give up“ von Kate Bush an. Ein wundervolles Klangerlebnis an das die Hooters und Leslie Clio mit ihrer Interpretation von „Time after Time“ nahtlos anschließen können. Bei diesem Stück zeigt sich ohne Zweifel, dass die junge Künstlerin stimmlich weitaus mehr zu bieten hat, als am Anfang vermutet.

Alan Parsons‘ Auftritt ist im Publikum schon lange erwartet und wird entsprechend mit Applaus und Jubel quittiert. Schon beim ersten Song „Eye in the Sky“ gibt es für die meisten Anwesenden kein Halten mehr. Eines der Pärchen neben mir verlässt sogar die Plätze, um auf dem Gang etwas mehr Raum für eine kleine Tanzeinlage zu finden. Erst nach „Don’t answer me“ erscheinen die beiden wieder neben mir. Ihre Freude ist ihnen anzusehen und springt auch auf mich über.

John Miles, der das Credo zur Show mit seinem „Music was my first love and it will be may last“ lieferte, kann eben diese Begeisterung mit seinem Auftritt aufrechterhalten. Mit seiner Interpretation des Queen-Klassikers „Bohemian Rhapsody“ hebt er die Stimmung nochmal auf ein neues Level. Die gesamte Bühne und der Saal beben förmlich vor Energie.

Mit dieser Energie geht es dann auch ins Finale: Zu „All you need is Love“ vereinen sich die Stars der diesjährigen Night of the Proms und zelebrieren diesen Abend gebührlich. Das Publikum dankt es den Musiker*innen und den fast 200 fleißigen Helfern, die diese Show der Superlative möglich machen, mit reichlich Applaus.

(VB)

Tracks
1 Ouvertüre Night Of the Proms 2019 APO & Fino Flour
2 Figaro / Funiculli. Funiculla Natalie Choquotto
3 My heart ain’t broken Leslie Clio
4 Be with you Leslie Clio
5 Couldn’t care less Leslie Clio
6 Nessun Dorma Natalie Choquette
7 All you zombies The Hooters
8 One of us The Hooters
9 Johnny B. The Hooters
10 Bolero APO
11 Schwanensee APO
12 Kanon Somone you loved Fine Fleur
13 Kalinka Natalie Choquette
14 Ave Maria Natalie Choquette
15 Let’s groove tonight Al McKay
16 September A McKay
17 Boogie Wonderland A McKay
Pause
18 Bach meets Timberlake APO & Fine Fleur & Tänzer
19 Don’t give up John Miles & Natalie Choquette
20 500 Miles The Hooters
21 Time after time The Hooters & Leslie Clio
22 Carmina Burana – O fortuna APO & Fine Fleur
23 Sirius / Eye in the sky Alan Parsons
24 One note symphony Alan Parsons
25 Don’t answer me Alan Parsons
26 Games people play Alan Parsons
27 Human John Miles
28 Bohemian Rhapsody John Miles
29 Music John Miles
30 All You need is love Alle (Finale)