The Show must go on – ist vielleicht für dieses Corona Konforme Format der richtige Slogan. Kleine Bühne, 2er Bestuhlung und eine grüne Wiese vor dem Biergarten 78 am Bundesleistungszentrum Hannover. Ein Versuch des lokalen Veranstalters Living Concerts in der Biergartenkonzert – Reihe wieder Fuß zu fassen. Auf dem Vereinsgelände 78 wird munter Tennis und Football trainiert, als sich eine verhältnismäßig kleine Schar von meist schwarzgekleideten Menschen vor der Bühne ihre Sitzplätze sucht. Alle natürlich, trotz doppelter Impfung, frisch getestet – so schreibt es die Stadt Hannover vor.
Pünktlich um 20 Uhr geht es los, die Musiker von Letzte Instanz betreten die kleine flache Bühne, einzeln – aber eher, um den Begrüßungsapplaus zu genießen, als dass es was mit Corona zu tun haben mag. Auch für die Letzte Instanz ist es ein Wiedersehen nach langer Pause. Und das in der „Lieblingsstadt“ Hannover. Seit Ewigkeiten kommen die Instanz gern zu Living Concerts, gern nach Hannover. Eine Bindung die den Fans heute zugutekommt.
Auch wenn es um ein bestuhltes Konzert geht, schafft Sänger Holly es im Handumdrehen, alle zum Stehen und Tanzen zu bewegen. Viel zu erzählen haben die Musiker der Instanz. Zum Beispiel ist die Rede vom VW Golf 1 von Benni, den er sich während der Corona Pandemie zugelegt hat, um die Werkstatt von Bernie zu unterstützen. Ferner gibt es die Ankündigung des neuen Albums „Ehrenwort“, was schon jetzt vorbestellt werden kann, damit Benni sich vielleicht demnächst auch ein Golf 2 leisten kann.
Aber eins nach dem anderen, ein Abriss über die Setlist:
Schon zu Beginn geht es mit „Morgenland“ und „Maskenball“ los, bevor die erste längere Ansage kommt. Weiter geht es mit „Flucht ins Glück“ und „das Schönste Lied der Welt“. Nun hält es das Publikum kaum noch auf den Klappstühlen. Nach der oben schon erwähnten Golf – Ansage folgt der neue Song „Ehrenwort“. Holly kann ein Bier an einen durstigen Zuschauer übergeben. Dazu passt „Disco D Amour“, das Bier Lied ohne Bier im Text… Der B.I.E.R. Kontext wird als Zwiegespräch vom Publikum zurückgerufen. Zunehmend textsicher ist das Publikum und auch das Spiel von Hollys „Schweigefuchs“ (Lautstärkeregler) wird gut mit Gebrüll und Jubel umgesetzt. Die weiblichen Fans sind dabei deutlich lauter als die Herren der Schöpfung, was Holly ein wenig wundert (vor allem, wo der Schweigefuchs herkommt). „Blind“, „Der Garten“ und die Gänsehautgarantie zu „Wir sind eins“ folgen. Holly bedankt sich vor dem sehr alten Song „Mein Todestag“ bei der langen Zusammenarbeit mit Living Concerts, die schon von Beginn an die Letzte Instanz in Hannover supporten. Der Song selbst wird von den Zuschauern überschwänglich gefeiert, ist er doch genau das, was die sie von der Band hören und erwarten – die Schwere der Songs aber auch die Eingängigkeit der Stücke. Treffer – Versenkt. „Liebe im Krieg“ und „Weiß wie der Schnee“ folgen. Nach „Du bist nicht verloren“ wundert sich Holly ein wenig über das nächste Lied, aber „Stimmlein“ wurde kurz vor der Show an diese Stelle gestellt. Den anderen Musikern ist das recht egal, Holly setzt dann halt beim 2. Durchgang mit ein. Auch da zeigt die Band ihre humoristische Veranlagung. „Stimmlein“ ist einer der treffendsten Songs der Band, da er sehr vielen Goth aus der Seele zu sprechen scheint. Nach „Finsternis“, „Komm“ und „Entzündet die Feuer“ folgt wieder ein großer Gänsehaut Moment: „Wir sind allein“ – Bei diesem fassen sich die Sitznachbar*innen an die Hände und bilden das Meer aus Händen. Ja, die Band ist genauso ausgehungert nach diesen Gänsehautmomenten, wie die Fans. Die meisten halten das Händchenhalten bis zum Ende des Songs durch. Zum Tanzsong „Rapunzel“ bemüht sich Benni um die Ansage, und die geht auch gleich mal schief, „als das älteste Bandmitglied“ – Gelächter – Ok einen grauen Bartansatz kann Benni nicht abgesprochen werden. „also dienstältestes Band Mitglied“ korrigiert er sich, „darf ich die Ansage zu diesem Song machen“ und Growlt den Song ein. „Rapunzel“ bekommt ein kurzes Metal-Intro bevor es in den eigentlichen Song übergeht. Damit nicht genug. In einem Brake wird einfach auf den Ärzte Song „Junge“ umgeschwenkt. Jetzt wird noch mal die VW Golf Geschichte mit der Werkstatt aufgenommen und M.Stolz schiebt sich seinen Tron in die Mitte um vom Rest der Band als der „Junge“ besungen werden zu können. Uns persönlich gefällt diese Version deutlich besser als die, die Heino auf seinen Konzerten zum Beten gibt. Nach diesem Ärzte Einschub geht der Song in das eigentliche Stück „Rapunzel“ zurück. Was für ein Fest.
Da das schon die Dritte und ausdauerndste Zugabe war, kann der geneigte Zuhörer eigentlich keinen weiteren Song gegen 21.30 Uhr erwarten. Doch dann kommt noch „Noch einmal“ als wirklicher Abschluss.
Abgesehen von der guten Mischung der Songs, dem lockeren Umgang mit den Zuschauern und der doch recht kleinen Lokation, ist das Corona Schwert für diesen Abend wirklich mal zu Hause geblieben. Auch wenn sich natürlicher Weise noch nicht viele Menschen in Konzerte, Discos und andere Veranstaltungen trauen, ist auch hier, bei der Letzen Instanz zu spüren, wie ausgehungert sowohl die Zuschauer als auch die Band sind. Eine Band, die sonst locker die Markus Kirche oder das Musikzentrum Hannover ausfüllt, ist einfach froh, mal wieder unterwegs sein zu dürfen, mit Fans, mit echtem Open Air Feeling – und ganz ehrlich, grade weil es so ein kleines Konzert ist, fühlt sich die Band viel näher an. Das zeichnet den Abend aus.