Hinterhof Festival Hannover 2022

Backyard Hiptett (Foto: Isabelle Hannemann)

Chalance eröffnen das Hinterhoffestival 2022 auf einer kleinen feinen Wiese in der Hasplemathstraße. Das insektenfreundliche Fleckchen in Linden Süd ist an diesem Julinachmittag nicht nur attraktiv für Bienen. Chalance, die irgendwie zwischen Latin Jazz und Swing angesiedelt sind, haben ihre Chill-out-Jazz-Setlist mit  Popsongs aufhübscht und ziehen heute ein gar nicht so kleines Publikum in das Kleinod zwischen Häuserzeile und Parkplatz. Gefällige Musik, entspannte Leute, freundliche Gastgeber*innen und ein Publikum,  das sogar extra Applaus für Jazz- oder Basssoli übrig hat. Ein durchaus gelungener Auftakt.

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Am 30. Juli sind die Hinterhöfe so unterschiedlich wie die Bands, die sie bespielen. Da John Berta Solo (nachmittags), ein äußerst angestrengt unangestrengt wirken wollendes, über den Dingen stehendes Duo, dass sehr viel auf Look, E-Piano-Einstellungen und Attitüde verwendet, Dinge, die Genies wie Dylan, Lennon und Co. einfach irgendwie hatten und nicht erzwingen mussten. Das Solo ist wie ein großes „als ob“, also ob es noch keine eigene Essenz hat und daher viele Codes kopieren muss. Stimmung mag nicht aufkommen, muss sie auch nicht, im perfekt angelegten Innenhof, ist alles richtig. Die Gäste erlesen, die Gläser poliert. Man reicht zum Wein heut Canapés auf Musik.

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Das Kevin Rabemanisa Trio (abends) in Linden ist da `ne ganz andere Nummer. Der Hinterhof einer gewachsenen Hausgemeinschaft ist überfüllt, Kinderzeichnungen weisen den Weg zu Flaschenbier und Abort, auf den Bierbänken wird gelacht und die Gäste haben ein tatsächliches Interesse aneinander, am Event und vor allem der Band. Entsprechend wird der Band ein sehr herzlicher Empfang bereitet. Rabemanasi ist das, was man unter authentisch fassen würde. Der Sänger, Songwriter und Gitarrist aus Madagaskar hat tatsächlich etwas zu erzählen – und so ist auch die Musik: echt, melancholisch, kämpferisch. Ein Highlight des Festival und eine echte Empfehlung.

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Das einzige und erste Auswärtsspiel für `s Hinterhoffestival gibt das Backyard Hiptett im Klosterhof Wennigsen. Während der Coronapandemie im Jahr 2020 aus der Not heraus in einem Hinterhof gegründet, ziehen die fünf hauptberuflichen Jazzmusiker ganz Wennigsen in den Klosterhof. Es wird bestuhlt, was das Zeug hält und die atemberaubende Kloster-Kulisse wird zur Bühne für eine Jazzband, die die eigenen Songs selbstironisch und charmant aus dem Ärmel schüttelt, Songs aus den 50er und 60er Jahren in die Rabatte groovt und das Klosterpublikum mit Bossanova und Latinjazz sogar zum Tanzen animiert. Prädikat für Band und Location: Yes!

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Bella Bonza haben’s gut getroffen. Hinterhof in einem Wohnprojekt in Linden zwischen Schule, Lebenshilfe und Wohnbebauung. Echte Menschen, echtes Interesse und eine Gastgeberin, die in ihrem Solo als Bartender aufgeht. Funk, Soul, zwei Frontfrauen und ein Soundmix, der beim Publikum gut ankommt. Ob jedoch Hinweise zum digitalen Erwerb der Tracks so oft und so notwendig sind bei einem Publikum, das zum Teil noch mit Tonbändern großgeworden ist, wagt die Marketingabteilung mal zu bezweifeln. Wer Bella Bonza feiert, findet sie oder fragt. Zwinkersmiley.

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Ingvays gastieren in Ricklingen und Linden Süd.  Zwei hochkarätige Konzerte mit einer bestens aufgelegten Band erleben die begeisterten Gäste  in Linden-Süd und Ricklingen. Hier stimmt einfach alles: super Sound, perfekter Groove, klasse Soli und  wunderbar entspannte Vocals – erdig, bluesig, samtig. Feel good Sounds, über die man nicht viele Worte verlieren muss. Kein Wunder: Ingvays touren seit Jahren mit Top Acts und versprühen Freigeist, stehen im Leben und bringen eine gewisse Lässigkeit mit, die durchaus dem heutigen Publikum entspricht.

 

Mit Me and Ms Jacobs endet das Hinterhoffestival 2022. Die charmant chaotische Band um Jacobs gastiert in der Nordstadt und hat mit „Friends“ einen Song mit Wiedererkennungswert in Repertoire. Die Musiker*innen sind lockdownerprobt und waren sich in der vergangenen Zeit nicht zu schade dafür, die Straße zu ihrer Bühne zu machen. Me and Ms Jacobs sind sowas wie das Doppelfinale des diesjährigen Hinterhoffestivals.

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Wir freuen uns auf eine Fortsetzung 2023, denn das Hinterhoffestival ist ein Projekt des City of music e.V., es ist für das Publikum kostenfrei, bringt Nachbarschaften näher zusammen und steht – anders als die Fête de la musique – für faire Konditionen für Künstler*innen.

(IH)