#castival15 oder wie werden 15500 Fans begeistert?

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Startschuss für die Castivals 2015 – Casper, Kraftklub und K.I.Z. auf der Expo Plaza.

„Ich liebe dich Hannover, willst du mit mir geh´n?“
Bei sommerlichen Temperaturen und strahlendem Sonnenschein eröffneten 15.500 Besucher zusammen mit Casper, Kraftklub und K.I.Z. am vergangenen Freitag die Castivals 2015 auf der Expo Plaza in Hannover.

2015-06-05_19-06-55_casper_DSC_9835Selbstgebastelte Schilder, Mama-Zettel, Zahnspangen blitzen auf – im Durchschnitt ist das Publikum am diesem Freitag eher jung, dennoch kann man keine wirkliche Altersbegrenzung ausmachen. Als K.I.Z. als erste Band des Castivals die Bühne betritt, werden unter großen Jubelrufen erst einmal Handykameras und Go Pros an Selfiestäben hochgehalten. Acht mit orangen Tüchern und Sonnenbrillen vermummte Männer betreten die Bühne, um sich in Reih und Glied zu positionieren. In den Händen halten sie Gewehre.
2015-06-05_19-14-53_casper_DSC_3928Das passt natürlich ganz hervorragend zur Prolo-Attitüde der vier Herren, die sich nicht nur in ihrem Auftreten, sondern auch in ihren Texten widerspiegelt. Zwischen Sozialkritik und Sexismus ist es teilweise nicht einfach, K.I.Z. richtig einzuordnen. Nein, so ernst kann man die Musik nicht nehmen, dafür wirkt sie teilweise zu schlau und durchdacht. Ob man ein im Durchschnitt 15- bis 16-jähriges Publikum aber mit Textzeilen wie „Du bist ein Hurensohn“ oder „Leih mir deine Frau aus, dann wird wenigstens dein Sohn kein Spasst“ beschallen sollte, ist natürlich fraglich. Den Kids scheint es jedenfalls zu gefallen und es wird ausgelassen gefeiert und lautstark mitgesungen.

2015-06-05_19-51-15_casper_DSC_3974Kraftklub, Junge!
Da sind die Chemnitzer Kraftklub weitaus angenehmer und der Fünfer zeigt einmal mehr, was für eine herausstechende Liveband sie sind, allen voran Frontmann Felix, der nicht aufhören kann, bis über beide Ohren zu grinsen. Bereits während des Openers „Unsere Fans“ gesellt er sich zu den Fans an die Absperrgitter und die Stimmung kocht immer weiter, als schon als zweiter Song ihr Hit „Ich will nicht nach Berlin“ gespielt wird.

2015-06-05_19-59-38_casper_DSC_4052Es gibt schon ein paar Andeutungen von Moshpits. Wir mögen das, keep doing it!“, ruft er in die Menge und kippt zur Abkühlung etwas Wasser in das Publikum. Felix besticht wie eh und je vor allem durch seine ausgefeilten Tanzmoves, während sich seine Bandkollegen eher im Hintergrund halten. Gegen Ende des Sets nimmt Felix noch ein Bad in der Menge – diese Crowdsurfingaktion scheint allerdings nicht ganz so zu funktionieren wie geplant, denn die jungen Besucher in den vorderen Reihen scheinen nicht so wirklich zu wissen, was denn nun gemacht werden soll und die große Runde Crowdsurfing bleibt aus. Zum Song „Randale“ von der Debüt-EP kommen Fahnenschwenker auf die Bühne und das Publikum ist nicht nur dank tropischer Temperaturen endgültig aufgeheizt. „Freut ihr euch auf Casper?“ ruft Felix in die Menge, worauf aus den hinteren Reihen prompt ein „Kraftklub, Junge!“ kommt, womit wohl klar ist, welchen Stellenwert Kraftklub heute haben.

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Ich liebe dich ja, aber du bist nicht Benjamin Griffey

Trotzdem wird bei Casper selbstverständlich noch eine Schippe draufgelegt: Vor der Bühne tummeln sich bereits zahlreiche Besucher, bekleidet mit Casper-Shirts, Casper-Leggings und Casper-Caps. Ein Mädchen trägt einen Juteturnbeutel mit der Aufschrift: „Ich liebe dich ja, aber du bist nicht Benjamin Griffey“ (Caspers bürgerlicher Name). Als Casper schließlich die Bühne betritt, setzt ein ohrenbetäubender Jubel ein und ein schätzungsweise 15-jähriges Mädchen kann beim Anblick ihres Idols nicht an sich halten und bricht in Tränen aus, während ihre Freundin etwas hilflos und verlegend grinsend nicht ganz mit der Situation umzugehen weiß.
2015-06-05_20-57-42_casper_DSC_9987Doch schon während des Openers sind die Tränen wieder getrocknet und stattdessen wird getanzt, gesungen und sehnsüchtig die Bühne fixiert. „Wunderschön seht ihr aus heute Abend“ begrüßt Casper seine Fans. Die Sonne ist mittlerweile fast untergegangen und die Hitze um einiges erträglicher. „Boah, ist das warm“ stellt Casper dennoch ganz richtig zwischen den Songs fest.
„Ich freue mich sehr, heute hier zu sein, vielen lieben Dank“ bedankt sich Casper mehrmals am Abend und erinnert sich, dass er damals zum Beginn seiner Karriere vor knapp zehn Leuten in Hannover gespielt hat. Das sieht an diesem Abend schon ein bisschen anders aus und diesen Dank weiß er auch in seinem Song zum Ausdruck zu bringen: Die Textzeile aus dem Song „Bumayé“, die eigentlich „Ich liebe dich Cas, willst du mit mir gehen?“ heißt, dichtet er um zu „Ich liebe dich Hannover, willst du mit mir geh´n?“ und für den Song „Ganz schön okay“ bekommt er Unterstützung von Kraftklub-Frontmann Felix. Zum Song „Mittelfinger hoch“ steigen im Takt rund um die Bühne Gasfontänen auf und das soll nicht die einzige Pyrotechnik sein, die der Show von Casper noch mehr Druck verleiht.
2015-06-05_21-14-23_casper_DSC_0138Zum Song „Der Druck steigt“ wird rote Pyro abgeschossen. Fast gespenstisch liegt der Rauch über dem Publikum, während Casper die Bühne verlässt und der Song langsam ausklingt. Plötzlich schießen Funken von der Bühne Richtung Technik-Tower, auf dem Casper erscheint und unter anderem die Songs „Blut sehen“ und „Halbe Mille“ performt. Nach vier Songs kehrt er zurück auf die Hauptbühne, auf der er begleitet von weiteren Gas- und Feuerfontänen eindrucksvoll vier weitere Songs – darunter „So perfekt“ und „Hinterland“ – zum besten gibt und selbstverständlich auch für drei weitere Zugaben zurück gerufen wird.

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Was für die frühere Generation die Backstreet Boys oder N Sync waren, sind heute Casper, Kraftklub und K.I.Z., dabei lediglich mit mehr Witz und durchdachteren Texten – irgendwie cooler eben. Ein großartiger Einstieg in die diesjährigen Castivals, wie auch Casper findet. Der Festivalsommer ist endgültig eröffnet.

Hanna Rühaak