Silberstaub – Stahlmann – Kinder der Sehnsucht

Alle Fotos (C) Sanni Hofmann

Es rieselt zwar noch kein Schnee, aber dafür endlich wieder Silberstaub in Deutschland. Stahlmann setzen ihre „Kinder der Sehnsucht“ – Tour fort und haben sich als zweiten Termin am 29.11. gleich das Musikzentrum Hannover rausgesucht. Als Support mit dabei sind Scherbentanz aus Regensburg.

Zu Beginn ist die Bühne in Nebel gehüllt und Sänger Dominik schreitet in langem schwarzen Mantel und mit Gehstock und Zylinder ausgestattet zum Mikrofon. Das erste Lied „Scherbentanz“ fordert bereits die Unterstützung der Menge ein, die nach kurzem Zögern auch gegeben wird.

Auch „Delphi“ und „Ausgebrannt“ haben einen hohen Mitmachfaktor und kommen sehr gut beim Publikum an. Es finden sich einige, die bereits die Texte auswendig mitsingen und scheinbar hat die Band an diesem Abend ein paar neue Fans hinzugewinnen können.
Vor kurzem haben Scherbentanz ihre Single „Dampfmaschine“ veröffentlicht, also sehr passend zur Tour mit Stahlmann. Dafür werden natürlich auch Grubenhelme aufgesetzt und Dominik wirft Geldscheine (es war wirklich schwer, hier keinen Scheinwerfer-Witz einzubauen).

Mit „Kinder der Erde“ und einem sehr eindrucksvollen Finale verabschiedet sich Scherbentanz  unter viel Applaus und Jubelrufen von der Bühne und machen Platz für den Headliner des Abends.

Begonnen wird mit zwei Liedern vom allerersten Album, „Willkommen“ eröffnet passenderweise das Set und mit „Stahlmann“ wird nur noch mal kurz klar gestellt, wen man hier eigentlich vor sich hat. Im Kontrast dazu folgt nun „Kinder der Sehnsucht“, der Titelsong des neuesten Albums, erschienen im März 2019. Bereits jetzt ist die Stimmung im Saal grandios, man merkt wie sehr die Fans sich darauf gefreut haben, endlich wieder mit Stahlmann zu feiern. Anfangs sind die vier Musiker noch mit Masken verhüllt, doch nach und nach legen sie diese ab und die lang vermisste silberne Schminke kommt zum Vorschein.
Adrenalin“ und „Hass mich“ sind wieder Traditions- Songs und bisher auf jeder Setlist vertreten gewesen. Nun muss Sänger Mart aber doch erst einmal ein paar grundsätzliche Dinge klären: „Wenn Männer sagen `Lass mich in Ruhe` heißt das ‚Lass mich in Ruhe´ und nicht `Frag doch bitte noch mal nach`!“ Also geht es im nächsten Lied wohl um das berühmte Selbstmitleid, in dem (in diesem Fall speziell Männer) so herrlich versinken können. „Der Schmied“ reißt sofort alle mit, das Publikum kann den Refrain sogar ohne Unterstützung singen.
Aber damit ist das Thema scheinbar noch lange nicht beendet. „Wenn Männer so richtig am Ende sind liegt das an Frauen.“ Bevor das erläutert werden kann ruft jemand dazwischen „Was willst du machen?“. Darauf antwortet Mart selbstsicher:„Ich spiele hier gerade ein Konzert, und du so?“. Daraufhin ertönt aus einer anderen Ecke „Fußball!!“, und er muss schmunzeln. „Ja… schönes Problem.. Also ein Song über einen Ball.. der in einen Kasten muss..“. Einen Moment scheint er tatsächlich zu überlegen, bis er beschließt: „Wir machen lieber Engel der Dunkelheit“. Glück gehabt. Auch der Jubel und Beifall aus dem Publikum bekräftigt diese Entscheidung.
Nun scheint Mart wieder versöhnlich: „Aber an Frauen ist ja nicht alles schlecht. Es gibt zum Beispiel Frauenfußball! Aber es gibt ja noch was anderes.. Jetzt kommt eins unserer Lieblingsthemen“ Wer die Band schon eine Weile kennt weiß, was folgt. „Sadist“ beschreibt eher spezielle sexuelle Neigungen und Stahlmann sind nun wirklich nicht dafür bekannt, ein Blatt vor den Mund zu nehmen.

Passend zum Thema schließt sich „Stahlwittchen“ an („Quasi als Verlängerung. Genug Fußball-Witze jetzt, versprochen.“), aber nachdem nun die Vorteile der Frauen so ausdrücklich dargelegt wurden, muss auch wieder ein bisschen Realität Einzug halten.
Denn es gibt ja angeblich jemanden, mit dem sie alle im Bunde stehen. Der „Teufel“ lädt zum Tanz und reißt die Menge mit. Nicht nur den weiblichen Anteil.
Der Titel „Spring nicht“ ist etwas irreführend, denn Springen ist bei diesem Song absolut erwünscht. Vor und auf der Bühne wird sich ordentlich verausgabt und es macht auf beiden Seiten sichtlich eine Menge Spaß.

In einer kleinen Erholungspause wird kurz philosophiert, dieses Mal über die eigene Einstellung. „Es geht nicht um die Farbe, die man trägt, sondern um die, die man fühlt.“. „Schwarz“ als kleine Liebeserklärung an die Szene, das Publikum darf den Refrain allein singen und es wird ein kleines bisschen emotional.
Und so geht es auch weiter, „Nichts spricht wahre Liebe frei“ beschäftigt sich nicht nur mit  Liebesbeziehungen, sondern auch mit der Liebe zu Eltern, Geschwistern und Freunden. Manchmal trennen sich Wege, manchmal geht jemand von uns, dennoch bleibt eine Verbindung bestehen.
Um die Stimmung wieder zu heben scherzt Mart: „Kennt ihr das, wenns einfach rausrutscht? Das Problem hab ich gerade im Ohr.“  und nestelt umständlich an seinem In-Ear herum. Schlagzeuger Tacki meldet sich daraufhin zu Wort: „Dann ist wohl der Stöpsel zu klein.“
Zum wach werden folgen „Plasma“ und als angeblich letztes Lied „Tanzmaschine“, zwei außerordentliche Party-Songs, die gebührend gefeiert und bejubelt werden. Dann verlassen Stahlmann fürs erste die Bühne und sofort ertönen die ersten Buh- und Zugabe-Rufe.

Tacki kommt nach kurzer Zeit allein zurück brüllt in feinster Spartaner-Manier: „Wollt ihr wirklich noch einen?“ Die Jubelschreie und Pfiffe scheinen ihn wohl überzeugt zu haben, denn er spendiert erst einmal ein fettes Drum-Solo. Nach einem verdienten und lang anhaltenden Applaus traut sich auch der Rest der Band wieder auf die Bühne und schon wird es wieder philosophisch. Bei „Wahrheit oder Pflicht“ geht es darum, die eigenen Entscheidungen im Leben zu betrachten und sich zu fragen `Was habe ich nur für mich getan, was für andere?`. Damit das nicht zu sehr in Selbstfindung ausartet geht es sofort weiter mit der nächsten tanzbaren Nummer.

Mart möchte sich nur noch mal kurz rückversichern: „Könnt ihr noch?“ Blöde Frage. Für „Süchtig“ werden noch mal alle Energiereserven zuammengekratzt und eine wilde Party gefeiert, bevor sich die Band abermals davonmacht.

Na gut, einen noch.“ Vom Applaus und den Zugabe-Rufen angelockt erscheint Mart wieder auf der Bühne. Es wurde mit Traditions-Songs begonnen, also wird auch damit geendet. „Asche“ beschließt schon seit einigen Jahren das Set und so auch heute. Einige technische Probleme zwischendurch werden gekonnt überspielt. Einzelne Handylichter und Feuerzeuge geben ein schönes Abschlussbild und nun verlassen die vier Herren aber endgültig das Rampenlicht. Natürlich nicht, ohne wohlverdienten  Applaus. Die Setlist ist eine gelungene Mischung aus allen sechs Alben der Band, also eine gute Möglichkeit, sich einen Überblick über das umfangreiche Repertoire zu verschaffen. Und wem das zu theoretisch ist – für Partys ist man bei Stahlmann sowieso immer an der richtigen Adresse.

Wer noch nicht genug hat oder bisher zu unschlüssig war, sich Karten zu sichern: Die Tour geht noch bis Ende Dezember und Tickets im Nikolaus-Strumpf oder unterm Weihnachtsbaum machen sich doch immer gut. Glück auf!

(VS)

Tourdaten
06.12.19 Zwickau – Club Seilerstraße
07.12.19 Magdeburg – Factory
13.12.19 Reichenbach – Die Halle
14.12.19 Kaiserslautern – Kammgarn
19.12.19 Augsburg – Spectrum
20.12.19 Siegburg – Kubana
21.12.19 Lübeck – Riders Café
27.12.19 Oberhausen – Kulttempel
28.12.19 Bad Salzungen – KW 70