Dancing. In the Dark.

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Irgendwie schade. Dass die richtige Party erst zum Schluss anfing. „Call the ships to port“: Das ist der Sound, für den die schwedischen Elektro-Formation um Eskil Simonsson eigentlich steht. Zumindest, wenn es um Live-Auftritte geht. Gegründet vor 30 Jahren, mag diese Single aus dem Jahr 2002 das verkörpern, was das Publikum an dem Trio aus Helsingborg zu schätzen weiß: tanzbare Future-Pop-Hymnen mit eingängigen Refrains, die in jeder Edeldiskothek zur Primetime alles auf die Tanzfläche pressen, was zwei gesunde Beine hat.

Covenant können das. Gewöhnlich. Aber dieser 11. November ist irgendwie anders. Es braucht verdammt lange, bis die Hannoveraner im ausverkauften Musikzentrum auf Betriebstemperatur kommen. Was nicht für den inzwischen glatzköpfigen Frontmann gilt: Der springt und tanzt und bewegt sich von einer großen Geste zur nächsten.

Nun mag ein Intro wie „Leiermann“ nicht dazu dienen, die Party vom Start an auf Touren zu bringen. Zumindest, mit einem gefühlt fünf minütigen Anlauf. Die Bassboxen knurren und brummen. Die Bühne nebelt ein, getaucht in königsblaues Licht, während Keyboarder Clas Nachmanson mit obligatorischer Sonnenbrille die letzten Finetunings an der Technik justiert. Doch die Single aus dem Milleniums-Jahr mag eine Hommage an die deutschen Fans sein.

20161111_covenant_11_lrDoch offenbar hat sich die Band einfach weiterentwickelt – und ist gereift. Unterwegs sind die Schweden in diesem Herbst mit dem neuen Album „The Blinding Dark“. Es gehört sicher nicht zu den eingängigsten und gefälligsten Werken des Trios. Klassiker- und tanzbodenverdächtig sind da eigentlich nur „Sound mirrors“ oder „Cold reading“, liegt doch der Schwerpunkt des Albums eher auf düsteren, schwerfällig-melancholischen Tracks, die von Ikonen der Elektro-Kultur wie Kraftwerk oder Jean Michel Jarre inspiriert sein könnten. Und von denen gab es die eine oder andere Hörprobe an diesem Abend. Das Publikum nahm die wohlwollend zur Kenntnis. Aber wohl auch nur das. Sphärischen Klangteppiche tragen die Songs durch den Abend und verhallen. Das Licht – oft blau, mal grün, hin und wieder weiß – hüpft wahlweise von einzelnen LED-Birnchen auf die Bühne oder schneidet weiße Lichtschwerte in den Raum über den Köpfen – aber leuchtet nicht ein einziges Mal in die Gesichter der Akteure.

Fast dankbar sind die Fans an diesem Abend, als die Schweden endlich ihre besten Stücke auspacken: „Go Film“ vom 1998-er Album „Europa“ oder „Ritual Noise“ vom 2006-er Album „Skyshaper“. Da recken sich die Hände in die Luft. Da geht ein Beben durch das Musikzentrum. Da tropft endlich das kondensierte Wasser aus den Klimaanlagen. Ebenfalls von „Skyshaper“ gab es „The Men“ auf die Ohren: „Das ist ein Song über uns alle“, witzelt der Frontmann dann auch. Irgendwann muss Keyboarder Daniel Jonasson ans Mikro, der sonst rechts außem am Bühnenrand wenig in Erscheinung tritt: „He brings the light“, kündigt Frontmann Eskil an, während er die Keyboards übernimmt – und „Lightbringer“ aus dem Jahr 2010 erklingt.

Nach 80 Minuten endet die Performance der Schweden – in blauem Licht, mit viel Nebel, bei Super-Mario-Sound in Endlosschleife. Bis im Zugaben-Set die Schiffe ekstatisch hämmernd in den Hafen tanzen.

20161111_faderhead_06_lr20161111_iszoloscope_04Ach ja: Besonderer Gast des Abends war zum einen Iszoloscope. Das Rhythm’n’Noise-Projekt aus Ottawa vertiefte sich – heftig an ein paar Köpfend drehend und hinter einem Mac Book verschanzt – in seine harsch-düsteren Soundscapes und feierte in erster Linie sich selbst. Wahlweise auch seinen O-Saft. Mit Aggro-Tech und Elektro-Pop erwärmte zum anderen munter plaudernd Faderhead aus Hamburg das Publikum und bereitete den Boden für eine rund zweistündige Performance der Schweden.

(Text+Fotos: km)